Diesel Abgasskandal: Auch der Fahrzeughersteller haftet für die Rückabwicklung des Kaufs

veröffentlicht am 22.05.2023

Oberster Gerichtshof nimmt Volkswagen beim Thermofenster in die Pflicht

Acht Jahre nach dem Auffliegen des VW-Dieselskandals hat der Oberste Gerichtshof (OGH) zwei richtungsweisende Entscheidungen gefällt. Demnach kann der:die Käufer:in eines VW mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht nur vom Autohändler, sondern auch vom Hersteller eine Rückabwicklung verlangen. Gegen Rückgabe des Autos erhält er:sie den Kaufpreis abzüglich eines Benützungsentgelts zurück.

Nur auf dem Prüfstand

Hintergrund der aktuellen Entscheidungen ist der im September 2015 in den USA aufgeflogene VW-Abgasskandal. In der Folge hat das Unternehmen zugegeben, dass zumindest bei einem weit verbreiteten Motorentyp (EA189) die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand umfassend funktioniert hat, im Realbetrieb aber nur zwischen 15 und 33 Grad Celsius. Seither laufen zahlreiche Prozesse um Schadenersatz und das nicht nur in Österreich. Auch viele andere Autohersteller sind wegen vergleichbaren Vorgangsweisen mit Klagen konfrontiert.

Software saniert den Schaden nicht

In Anlehnung an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hält der OGH fest, dass die Abschaltung der Abgasreinigung außerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs (Thermofenster) für den:die Käufer:in einen Schaden darstellt. Die weitere Nutzung des Fahrzeugs (z. B. Anmeldung, Verkauf, Inbetriebnahme des Fahrzeugs) wird damit nämlich ungewiss. Die vom deutschen Kraftfahrt-Bundesamt zur Behebung des Problems vorgeschriebene Software enthalte laut OGH erneut ein Thermofenster und saniere den Schaden für den:die Käufer:in deshalb nicht.

Auch der Hersteller ist bei unzulässiger Abschalteinrichtung ersatzpflichtig

Der OGH bejahte im Ergebnis eine Haftung von VW, auch wenn er mit dem:der Käufer:in keinen direkten Vertrag hat. Der:die Käufer:in hat somit auch einen Schadenersatzanspruch gegen den Fahrzeughersteller aufgrund des durch das Thermofenster entstandenen Schadens. Ein Schadenseintritt läge lediglich dann nicht vor, wenn der:die Käufer:in das Fahrzeug im konkreten Fall dennoch hätte erwerben wollen. 

16 Sammelklagen

Die Entscheidungen des österreichischen Höchstgerichts dürften Bewegung in die an 16 Landesgerichten anhängigen Sammelverfahren des Vereins für Konsumenteninformation für mehr als 9.000 Kläger:innen bringen. Die Auswirkungen auch auf alle anderen vom Abgasskandal betroffenen Automarken sind enorm.

 

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