Rücktrittsbelehrung im Spamordner gilt als zugegangen

Für die Wirksamkeit muss die Belehrung nicht persönlich gelesen worden sein.

Gesetzliche Rücktrittsrechte sind an Fristen gebunden. Das bedeutet, in bestimmten - gesetzlich festgelegten - Fällen können Verbraucher/innen innerhalb einer bestimmten Frist, z.B. von 7 oder 14 Tagen, vom Vertrag zurücktreten, sofern sie ordnungsgemäß über ihr Rücktrittsrecht informiert wurden.

Und das ist der Knackpunkt! Die Frist beginnt erst zu laufen, sobald sie eine inhaltlich vollständige und rechtlich korrekte Rücktrittsbelehrung erhalten haben. Liefert das Unternehmen keine oder eine unzureichende Belehrung, hat das durchaus weitreichende Konsequenzen - die Frist verlängert sich. Das kann z.B. bei einem Vertragsabschluss im Internet dazu führen, dass Verbraucher/innen solange zurücktreten können, bis das Unternehmen seiner Belehrungspflicht nachgekommen ist bzw. wenn es dieser gar nicht nachkommt, Verbraucher/innen noch nach einem Jahr zurücktreten können. 

Es ist also durchaus im Interesse der Unternehmerseite, ordnungsgemäß über das Rücktrittsrecht zu informieren. Was aber, wenn das Unternehmen ordnungsgemäß belehrt, aber die Verbraucherin oder der Verbraucher nichts davon weiß, zum Beispiel, weil die Rücktrittsbelehrung im Spamordner gelandet ist. Der Oberste Gerichtshof (OGH) musste sich kürzlich mit dieser Frage auseinandersetzen.

Rücktrittsbelehrung im Spamordner

Bei Zusendung von rechtlich erheblichen Erklärungen ist es nach allgemeinen Grundsätzen nicht entscheidend, ob Verbraucher/innen tatsächlich davon Kenntnis erlangt haben, es reicht allein die Möglichkeit, Kenntnis zu erlangen. Es reicht, wenn die Erklärung in den Machtbereich der Verbraucherin oder des Verbrauchers gelangt ist.

Hinsichtlich des Zugangs elektronischer Willenserklärungen berief sich der OGH auf eigene ältere Entscheidungen, die im Wesentlichen besagen, dass die Mailbox des Empfängers jedenfalls dann zum Machtbereich der Verbraucherin oder des Verbrauchers gehört, wenn man zu erkennen gegeben hat, dass man über die E-Mail-Adresse erreichbar ist.

Ergänzend stützt sich der OGH auf das E-Commerce-Gesetz, wonach elektronische Vertragserklärungen als zugegangen gelten, wenn sie die Partei, für die sie bestimmt sind, unter gewöhnlichen Umständen abrufen kann. Eine persönliche Kenntnisnahme dieser Erklärungen durch den Empfänger wird nicht vorausgesetzt. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme „unter gewöhnlichen Umständen" ist entscheidend.

Der OGH bestätigt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bereits das Einlangen der Rücktrittsbelehrung im „Spam-Ordner" des Empfängers an der von diesem angegebenen E-Mail-Adresse als wirksam zugegangen gilt.

Im konkreten Fall hat das zur Folge, dass die Rücktrittsfrist bereits in dem Moment zu laufen begonnen hat, als das Mail mit der Belehrung im Spamordner gelandet ist.


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