Ermächtigung der Verbraucher:innen für den ökologischen Wandel

veröffentlicht am 13.04.2022

Europäische Kommission legt im März 2022 ein Bündel an Vorschlägen für ein grünes Europa vor.

Mit dem europäischen Grünen Deal soll Europa bis 2050 klimaneutral, die Wirtschaft durch grüne Technologien angekurbelt sowie die Umweltverschmutzung durch eine nachhaltige Industrie und einen nachhaltigen Verkehr verringert werden.

Die neue Verbraucheragenda der Europäischen Kommission für 2020-2025 unterstreicht die Tatsache, dass die Verbraucher:innen beim Übergang zu einer grünen Wirtschaft eine entscheidende Rolle spielen.  Allerdings wurde den Auswirkungen von nicht nachhaltigen Konsumentscheidungen auf die Umwelt bis dato zu wenig Raum beigemessen.

Daher hat die EU-Kommission am 30. März 2022 – den bereits für 2021 erwarteten – Vorschlag über eine Richtlinie hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel - vorgelegt.

Kluft zwischen Wollen und Sollen

Die Folgenabschätzung der EU-Kommission hat klar gezeigt, dass den Verbrauchern:innen zum einen zuverlässige Informationen über die Nachhaltigkeit von Produkten (Umwelteigenschaften, Lebensdauer, Reparierbarkeit) fehlen und sie zum anderen mit irreführenden Geschäftspraktiken (frühzeitige Obsoleszenz, Grünfärberei, mangelnde Transparenz) konfrontiert sind.

Dieses Informationsdilemma läuft nicht nur den Zielen des europäischen Grünen Deals zuwider, es führt auch zur Frustration und suboptimalen Entscheidungen auf Verbraucherseite. Darüber hinaus schwächen Intransparenz und Glaubwürdigkeitsdefizite die Wirtschaft.    

Die Paketlösung

Das bestehende Verbraucherrecht - konkret die RL über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG und die Verbraucherrechte-RL 2011/83/EU - wird überarbeitet, um die Position von Verbraucher:innen im Sinne einer nachhaltigen Produktpolitik zu stärken. Es wird sichergestellt, dass den Verbraucher:innen Informationen über das Bestehen einer gewerblichen Haltbarkeitsgarantie mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren sowie über die Verfügbarkeit kostenfreier Software-Aktualisierungen bereitgestellt werden. Informationen, die die Reparatur von Waren betreffen (z.B. Reparaturkennzahl), sollen die Verbraucher:innen dabei unterstützen selbst einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten. Darüber hinaus werden die Verbraucher:innen künftig besser vor Praktiken frühzeitigen Obsoleszenz (d. h. vorzeitiges Kaputtwerden der Waren) und der Verwendung unzuverlässiger und nicht transparenter „Ökosiegel“ bzw. Nachhaltigkeitskennzeichnungen („Grünfärberei“) geschützt werden.

Der vorliegende Legislativvorschlag wird durch weitere Initiativen auf EU-Ebene ergänzt: die Initiativen zu unzureichenden Umweltaussagen („Green Claims“) und zum „Recht auf Reparatur“ (die beide im 3. Quartal 2022 vorgelegt werden) und die Initiative zu nachhaltigen Produktion (Revision der


2009/125/EG). Zu letzterer wurde der Kommissionsvorschlag ebenso am 30. März 2022 präsentiert.

Alle an Bord nehmen

Indem die Verbraucher:innen in die Lage versetzt werden, ökologisch nachhaltigere Kaufentscheidungen zu treffen, wird mit dem Vorschlag das Recht auf ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität nach Artikel 37 der Charta gewahrt.

Allerdings kann der Übergang zu einer grünen Wirtschaft nur gelingen, wenn nachhaltige Kaufentscheidungen allen Verbraucher:innengruppen ermöglicht werden: die Verbraucherermächtigung zum ökologische Wandel ist kein elitäres Projekt, sondern eine Überlebensstrategie.

Die Kaufentscheidung findet in erster Linie lokal (offline) aber vermehrt „online“ statt. Daher spielen bei der Sensibilisierung auch die nationalen, lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine entscheidende Rolle. Sie unterstützen Verbraucher:innen dabei, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und sollen Kontrollmechanismen und Rechtsbehelfe sicherstellen.

Die Vorschläge werden nun in Brüssel mit allen EU Mitgliedstaaten verhandelt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Verbraucher:inneninteressen möglichst umfassend zum Tragen kommen! 

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