Geld einklagen leicht(er) gemacht — verbesserte Rechtslage für Verbraucher:innen

veröffentlicht am 08.07.2024

EU-Verbandsklagenrichtlinie wird zu österreichischem Recht

Ob versteckte Zusatzkosten in Fitnessstudios, unzulässige Strompreiserhöhungen oder zu hohe Bankgebühren — diese oftmals ärgerlichen Fälle haben gemeinsam, dass Konsument:innen ihre Rückforderungsansprüche von nun an einfacher gesammelt gegen Unternehmen durchsetzen können.

Ausschlaggebend für die EU-Verbandsklagenrichtlinie war der VW-Dieselskandal, bei dem die VW-Gruppe nachweislich viele ihrer Fahrzeugmodelle manipuliert hatte, um gesetzlich vorgeschriebene Grenzwerte für Abgase zu umgehen. Um Konsument:innen einen besseren Zugang zum Recht zu geben und dadurch auch den Verbraucherschutz zu stärken, hat die EU die Verbandsklagenrichtlinie erlassen. Diese hätte bis Ende 2022 in österreichisches Recht umgesetzt und ab Juli 2023 für Konsument:innen anwendbar sein müssen — aufgrund langwieriger Verhandlungen ist es erst jetzt soweit. Die Verbandsklagen-Richtlinie-Umsetzungs-Novelle (VRUN) ist seit 18. Juli 2024 in Kraft.

Was bisher möglich war (und weiterhin möglich ist)

Bisher durften Organisationen wie der Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit Unterlassungsklagen unter anderem gegen Vertragsklauseln von Unternehmen vorgehen. Die Rückzahlung zu viel bezahlter Gebühren musste zum Beispiel jedoch einzeln eingeklagt werden. Konsument:innen traten ihre Ansprüche daher etwa an den VKI oder einen Prozessfinanzierer ab. Erst danach konnten die Ansprüche gesammelt bei Gericht geltend gemacht werden. Der sich aus der EU-Verbandsklagenrichtlinie ergebende Vorteil für Verbraucher:innen ist, dass bestimmte Institutionen von nun an zusätzlich direkt Leistungsansprüche bei Gericht einklagen können. Die im Gesetz ebenfalls vorgesehene Verbandsklage auf Unterlassung soll neben der Abhilfeklage den bereits vorhandenen kollektiven Rechtsschutz unberührt lassen. Die Institutionen haben daher von nun an die Wahl, nach welchen Bestimmungen sie eine allfällige Klage erheben wollen.

Künftig direkte Leistungen an Verbraucher:innen

Wenn der VKI in Zukunft nach dem neuen Modell eine sogenannte Abhilfeklage bei Gericht einbringt, können sich Einzelpersonen dem Prozess anschließen. Für die Zulässigkeit der Klage ist allerdings eine Mindestanzahl von 50 Anmeldungen betroffener Verbraucher:innen erforderlich. Ein Vorteil ist, dass die Klage nicht nur auf EU-rechtliche, sondern auch auf rein nationale Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann. Die Abhilfeklage ist dabei (auch) auf eine „Leistung“ gerichtet, also Schadenersatz, Reparatur, Ersatz, Preisminderung, Vertragsauflösung oder Erstattung des gezahlten Preises. Der:Die Konsument:in erhält die Leistung hier unmittelbar, also ohne einen weiteren Prozess.

Kosten von maximal 250 Euro

Neben Organisationen wie dem VKI und der Bundesarbeitskammer erhalten künftig auch private gemeinnützige Verbände wie der Verbraucherschutzverein (VSV) das Recht, Klagen einzubringen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Die Verfahren müssen von der klagenden Organisation und vom Gericht bekanntgemacht werden. Verbraucher:innen haben dann drei Monate lang Zeit, sich der Klage anzuschließen. Mehr als 250 Euro darf die Klagsorganisation für den Beitritt zur Klage nicht verlangen. Im Vergleich zur Klagsführung als Einzelkläger:in ist diese Möglichkeit deutlich günstiger.


Hier gibt's das Gesetz zum Nachlesen.


Der Beitrag wurde am 18.7.2024 aktualisiert.

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