OGH erklärt 42 Klauseln der Ticketvermittlungsplattform Viagogo für unzulässig

veröffentlicht am 18.02.2021

Die Geschäftspraktiken von Viagogo haben in der Vergangenheit schon mehrmals Verbraucherschützer/innen auf den Plan gerufen. In einem im Auftrag der Arbeiterkammer Kärnten geführten Verfahren des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) erklärte nun der Oberste Gerichtshof (OGH) 42 Klauseln von Viagogo für unzulässig.

Konzertpublikum von hinten, © actionvance on Unsplash
Bei Viagogo handelt es sich um eine Onlineplattform, über die Tickets von anderen gekauft oder eigene Karten zum Verkauf angeboten werden können. Da die Schweizer Ticketbörse eine konkrete Ticketauswahl ermöglicht und die/den jeweilige/n Verkäufer/in nicht angibt, vermittelt sie Ticket-Käuferinnen und –Käufern den Eindruck, sich auf einer offiziellen Kartenverkaufsseite zu befinden. Was aber Verbraucher/innen oft nicht erkennen: die Plattform Viagogo versteht sich lediglich als Marktplatz und verrechnet für ihre Vermittlungstätigkeit hohe Versandkosten und Bearbeitungsgebühren.

Durch alle Instanzen

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Kärnten Viagogo wegen unzulässiger Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Insgesamt 42 Klauseln waren Gegenstand des Verfahrens, das letztlich bis zum OGH ging. Bereits die Vorinstanzen erklärten sämtliche Klauseln für unzulässig. Nun wurden deren Entscheidungen bestätigt: alle 42 Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind Ansicht des OGH rechtswidrig.

Hier einige der wichtigsten Klauseln:

Ersatztickets

Eine Klausel sah vor, dass, falls die Verkäuferin/der Verkäufer die gekauften Tickets nicht liefert, die Plattform Viagogo nach eigenem Ermessen entscheiden darf, ob sie der Verbraucherin/dem Verbraucher Ersatztickets mit vergleichbarem Preis anbietet oder den Ticketpreis zurückzahlt.

Der OGH beurteilte die Klausel als unzulässig. Kundinnen und Kunden müssen die Wahl haben und die Möglichkeit erhalten, den gezahlten Betrag zurückzubekommen und das nicht nur, wenn Viagogo entscheidet, keine Ersatztickets anzubieten.

Rückerstattung bei nicht erfolgter Zustellung

In den AGB von Viagogo fand sich die Klausel, die eine Rückerstattung des Ticketpreises ausschließt, wenn das Ticket aus irgendwelchen Gründen nicht an die Kundin/den Kunden zugestellt wird. Zusätzlich behält sich Viagogo das Recht vor, bei Nichtlieferung eine völlig unklare Ersatzgebühr zu verrechnen.

Der OGH erklärte die Klausel für rechtswidrig. Nach der Formulierung der Klausel wäre eine Erstattung des Ticketpreises auch in jenen Fällen ausgeschlossen, bei denen der Grund für die gescheiterte Zustellung bei Viagogo liegt.

Erstattung bei Verlust

Viagogo regelte in seinen AGB, dass alle Verkäufe endgültig sind und dass es bei Verlust oder bei nur teilweiser Erfüllung des Vertrags keine Möglichkeit auf Erstattung oder Austausch gibt.

In der Formulierung sah der OGH eine gröbliche Benachteiligung der Verbraucher/innen. Die Klausel könnte auch so verstanden werden, dass Käufer/innen auch dann keine Ansprüche haben, wenn Viagogo die Schuld am Verlust des Tickets trägt.

Haftungsausschlüsse

Auch die Klausel, mit der Viagogo eine Haftung für die Website oder für die „aufgeführten Serviceleistungen“ […], „um welchen Grund es sich auch handeln möge“ ablehnt, erklärte der OGH für unzulässig. Bei den „aufgeführten Serviceleistungen“ handle es sich um Hauptleistungspflichten und mit der gewählten Formulierung sei ein zu umfassender Haftungsausschluss geregelt.

Eine als Warnhinweis getarnte Klausel, Verbraucher/innen erklärten sich mit der Nutzung der Website damit einverstanden, dass auf der Plattform unrichtige Angaben gemacht werden und sie die entsprechenden Risiken zu tragen hätten, erklärte der OGH ebenso für unzulässig. Warnhinweise in AGB könnten zwar grundsätzlich zulässig sein. Aber in dieser Formulierung sah der OGH eine Willenserklärung des Unternehmens, der als Haftungsausschluss zu verstehen ist, dessen genauer Umfang für Verbraucher/innen nicht nachvollziehbar sei.

Anwendbares Recht

Auch jene Klausel, nach der für die Verträge mit Viagogo Schweizer Recht gelte und die Gerichte der Schweiz zuständig seien, ist gesetzwidrig. Viagogo spricht gezielt Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich an. Damit kann ihnen Schutzbestimmungen des österreichischen Verbraucherrechts nicht entzogen werden. Verbraucher/innen können daher auch vor einem österreichischen Gericht klagen.

Tipp für Verbraucher/innen

Viagogo darf sich auf die gesetzwidrigen Klauseln weder berufen noch sie in Zukunft bei weiteren Kartenvermittlungen verwenden. Verbraucher/innen, die Karten von Viagogo gekauft haben und vor Probleme stehen, die sich aus den oben beschriebenen Klauseln ergeben, raten wir sich an den VKI wenden. Wenn Viagogo die Klauseln weiterverwendet oder sich auf diese beruft, kann der VKI dagegen vorgehen und Exekution führen. 

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