KuKuSpoSiG: OGH-Entscheidung zu Gutscheinen bei abgesagten Mehrtagesveranstaltungen

veröffentlicht am 07.01.2022

Seit 1,5 Jahren erschwert die Corona-Pandemie den Besuch von Kunst-, Kultur- oder Sportveranstaltungen. Seit März 2020 wurden und werden zahlreiche Veranstaltungen abgesagt oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben - eine schwierige Situation sowohl für Veranstaltungsbesucher:innen als auch Veranstalter.

Im Mai 2020 wurde das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz (KuKuSpoSiG) beschlossen und mittlerweile mehrmals verlängert (zuletzt bis Mitte 2022 – siehe Artikel). Das Gesetz regelt den Ersatzanspruch der Besucher:innen von Kunst-, Kultur- oder Sportereignissen gegenüber dem Veranstalter und Vermittler für bereits gezahlte Eintrittskarten von Veranstaltungen, die aufgrund der COVID-19 Pandemie abgesagt oder auf einen späteren Termin verschoben wurden.

Wir haben mehrfach berichtet.

Verbraucher/innen müssen coronabedingte Konzertverschiebungen nicht akzeptieren (konsumentenfragen.at)

„Gutscheingesetz“ für abgesagte Kunst- Kultur- und Sportveranstaltungen wird bis Ende 2021 verlängert (konsumentenfragen.at)


Gutscheinregelung des KuKuSposiG

Um zu verhindern, dass Veranstalter durch zahlreiche Rückerstattungsforderungen in Zahlungsschwierigkeiten geraten, ermöglicht das Gesetz den Veranstaltern, anstatt der Rückzahlung des gesamten Geldbetrags, einen Gutschein – allerdings nur über einen Teilbetrag - auszustellen. Das Gesetz sieht dafür folgende Betragsgrenzen vor:

  • Liegt der Einzelticketpreis über EUR 70,--, aber unter EUR 250,--, kann der Veranstalter nur bis zum Betrag von EUR 70,- einen Gutschein ausstellen. Den darüberhinausgehenden Betrag hat er in bar rück zu erstatten.
  • Übersteigt der Einzelticketpreis den Betrag von € 250,00, muss der Veranstalter einen Betrag in Höhe von € 180,00 in Geld zurückzahlen. Der Restbetrag kann in Form eines Gutscheins ersetzt werden.

Was aber gilt bei Mehrtagestickets?

Die gesetzliche Regelung des KuKuSpoSiG bezieht sich dabei auf ein einzelnes Kulturereignis und den Preis für eine Eintrittskarte, die zu dessen Besuch berechtigt. Es stellt sich nun die Fage, ob eine mehrtägige Veranstaltung wie z.B. ein Festival mit mehreren Konzerten als ein einziges Ereignis gilt oder ob jeder Veranstaltungstag ein eigenes Ereignis darstellt.

Das macht für Verbraucher:innen einen großen Unterschied. Wird eine mehrtägige Veranstaltung als einzelnes Ereignis gesehen, kann der Veranstalter einen Gutschein bis zu € 70,- ausstellen und muss den gesamten Überbetrag refundieren. Wird aber jede Veranstaltung im Rahmen eines bspw. mehrtägigen Festivals als eigenes Ereignis gewertet, dann kann der Veranstalter für jeden Tag einen Gutschein bis zu € 70,- ausstellen. Letzteres ist für Verbraucher:innen unvorteilhaft, da es z.B. bei einem Dreitagesevent mit einem (fiktiven) Preis von 210€ zu keiner Auszahlung kommen würde  und Verbraucher:innen sich mit Gutscheinen zufrieden geben müssen.

Musterprozess der Bundesarbeitskammer

Mit der Frage, wie die Gutscheinregelung bei mehrtägigen Veranstaltungen anzuwenden ist, hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) im Rahmen eines Musterprozesses der Bundesarbeitskammer auseinanderzusetzen: im konkreten Fall hatte eine Konsumentin um 169,99 EUR einen Festival-Pass (3-Tagesticket) für ein Musikfestival gekauft. Das Festival musste 2020 wegen der COVID-19-Pandemie abgesagt werden.

Die Bundesarbeitskammer vertrat die Rechtsansicht, dass eine mehrtägige Veranstaltung ein einziges Ereignis darstellt und der Veranstalter daher neben dem einen Gutschein über € 70,-  den Restbetrag von € 99,99 auszahlen müsste. Der OGH entschied sich bedauerlicherweise für die für Verbraucher:innen ungünstigere Variante: nachdem im vorliegenden Fall für die mehrtägige Veranstaltung sowohl Mehrtagestickets als auch Tickets für einzelne Tage angeboten wurden, gab der OGH dem Veranstalter Recht, das Festival wie drei einzelne Kulturereignisse zu behandeln und bestätigte damit die Vorgehensweise des Veranstalters, der Verbraucherin 3 Gutscheine in der Höhe von knapp EUR 57,-- auszustellen.

 

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