OGH sieht durch Festlegung unterschiedlich hoher Prämien Gesetzesumgehung

veröffentlicht am 07.12.2016

BAWAG Versicherung muss Rückkaufswert erhöhen

Frau K. schloss im Herbst 2010 eine Er- und Ablebensversicherung bei der Bawag PSK Versicherung AG ab.

Die Versicherungsbedingungen legten fest, dass von den Versicherungsprämien Abzüge vorgenommen werden und zwar für Abschlusskosten, Verwaltungskosten und zur Deckung des Ablebensrisikos.

Die Abschlusskosten würden zu Beginn des Vertrages nach dem so genannten Zillmerverfahren und unter Berücksichtigung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmung im Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) verrechnet.

Zusätzlich wurde vereinbart, dass die Abschlusskosten nicht höher sein sollten als 5% der Nettoprämiensumme.

Die monatliche Prämie sollte die ersten 5 Jahre nur 50 €, sodann für die restlichen 36 Jahre 100 € betragen.

Zillmerung und ihre gesetzliche Beschränkung

Die sogenannte „Zillmerung" ist ein gängiges versicherungsmathematisches Verfahren in der Lebensversicherung. Dabei werden die VersicherungsnehmerInnen in den ersten Jahren mit den gesamten Abschlusskosten belastet. Bei vorzeitiger Vertragsauflösung (=Rückkauf) in den ersten Jahren der Vertragslaufzeit, ist der Rückkaufswert daher nicht gleich den einbezahlten Prämien, sondern reduziert um die Abschlusskosten (und Versicherungssteuer und Risikoanteil). Dies führte oft zu enormen Verlusten.

Um diesem Effekt entgegen zu wirken, wurde 2006 im VersVG die Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten 5 Jahre der Vertragslaufzeit festgelegt. Bei einem Rückkauf innerhalb dieser 5 Jahre, müssen die Versicherungsnehmerinnen nur mehr den adäquaten Teil an Abschlusskosten bezahlen. Das bedeutet, dass bei einem Rückkauf nach 2 Jahren nur 2/5 der Abschlusskosten vom Sparanteil abgezogen werden dürfen. 

Rückkaufswert nach 3 Jahren nur mehr 18% der einbezahlten Prämien

Frau K. kündigte ihren Versicherungsvertrag im Herbst 2013. Bis dahin hatte sie den Betrag von 1.764,80 an Prämien einbezahlt. Der Rückkaufswert betrug jedoch lediglich 312,51 €.

Wo waren die Prämien hin verschwunden?  

 Prämien bezahlt 1.764,80
 Versicherungssteuer 67,88
 Verwaltungskosten 216,79
 Unterjährigkeitszuschlag wegen mtl. Prämienzahlung 64,45
 Risikoprämie 54,75
 vereinbarter Stornoabzug 55,48
 Abschlusskosten 992,94

Den Löwenanteil an den Abschlägen machten die hohen Abschlusskosten aus und dies trotz Einhaltung der gesetzlichen Vorgabe, diese auf 5 Jahre zu verteilen.

Vertragsgestaltung muss Intention der gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigen

Das BMASK beauftragte den VKI mit der Einbringung einer Klage, die in den ersten 2 Instanzen verloren, letztendlich vor dem OGH aber gewonnen wurde.

Der OGH stellte fest, dass die Versicherung zwar dem Gesetz insoweit genügte, als sie die Abschlusskosten aufteilte. Andererseits aber sah sie vor, dass die Prämien fünf Jahre lang niedrig (€ 50,-) und ab dem sechsten Jahr ohne ersichtlichen Grund verdoppelt sein sollten.  

Weil sich die Abschlusskosten an der Gesamtprämiensumme bemessen, bewirkt eine solche Regelung, dass in den ersten fünf Jahren, in denen die Abschlusskosten aufzuteilen sind, die
geringeren Anfangsprämien stärker reduziert werden als bei gleichbleibenden Prämien.

Durch eine entsprechende Wahl der Relation der Prämien könnte es im Extremfall sogar dazu kommen, dass hohe Folgeprämien so hohe Abschlusskosten verursachen, dass die geringen Anfangsprämien aufgezehrt würden.

Berechnung im konkreten Fall

Der OGH legte fest, dass die vereinbarte Anhebung der Prämien ab dem sechsten Vertragsjahr dann nicht für die Berechnung der Abschlusskosten bei Rückkauf zu berücksichtigen sei, wenn die Beendigung des Vertrags innerhalb der ersten fünf Jahre erfolgt. Die Berechnung des Rückkaufswerts hat dann von einer gleichbleibenden Prämie von € 50,- auszugehen.

Frau K. erhielt somit weitere 378,23 € als Rückkaufswert ausbezahlt.

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