Anbieten voreingestellter kostenpflichtiger Dienste auf SIM-Karte stellt aggressive Geschäftspraktik dar

Verbraucher muss über Inanspruchnahme frei entscheiden können

Die italienischen Telekommunikationsunternehmen Wind Tre und Vodafone Italia hatten SIM-Karten für Smartphones verkauft, bei denen kostenpflichtige Mailbox- und Internetzugangsdienste voreingestellt waren und beim Einlegen der Karte sofort aktiviert wurden. Verbraucherinnen und Verbraucher wussten aber davon nichts.

Die italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde AGCM verhängte Geldbußen wegen aggressiver Geschäftspraktiken gegen die beiden Unternehmen. Die Unternehmen bekämpften die Geldbußen der AGCM. Dieses Verfahren wurde unterbrochen und der Staatsrat Italiens legte dem EuGH u. a. die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das Verhalten der Telefongesellschaften als „unbestellte Waren oder Dienstleistungen" oder damit als „aggressive Geschäftspraxis" im Sinne der Unlautere-Geschäftspraktiken-RL angesehen werden könne.

Der EuGH entschied zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher

Verbraucherinnen und Verbraucher müssen frei entscheiden können, ob sie einen solchen kostenpflichtigen Dienst in Anspruch nehmen. Eine solche Entscheidung ist nicht möglich, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher weder über die Kosten der Dienste noch über deren Vorinstallation und Aktivierung aufgeklärt wurden. So der EuGH in seiner Entscheidung.

Der durchschnittliche Käufer einer SIM-Karte wisse beim Kauf eines Smartphones nicht, dass die damit aktivierte SIM-Karte vorinstallierte und voraktivierte Dienste enthalte, die zusätzliche Kosten verursachen können. Ob Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit hatten, sich für die Abschaltung der Dienste auf der SIM-Karte zu entscheiden, ist unerheblich, wenn es vor dem Kauf der fraglichen SIM-Karte an einer klaren und angemessenen Aufklärung der Verbraucher über das Bestehen der vorinstallierten und voraktivierten Dienste und ihrer Kosten fehlte.

Der EuGH kam damit zu dem Ergebnis, dass das Verhalten der Telefongesellschaften die „Lieferung einer unbestellten Ware oder Dienstleistung" darstelle und damit eine unter allen Umständen unlautere bzw. aggressive Geschäftspraktik.

EuGH-Urteil im Volltext

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