Wertsicherungsklauseln in Wohnungsmietverträgen

veröffentlicht am 18.07.2025

Hintergründe und Informationen zur aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH)

Was ist eine Wertsicherungsklausel in einem Mietvertrag?

Unter Wertsicherung versteht man die Anpassung des Mietzinses an die Inflationsentwicklung. Eine solche Anpassung erfolgt – mit wenigen Ausnahmen – nicht automatisch, sondern setzt eine vertraglich vereinbarte Wertsicherungsklausel voraus. Fehlt eine derartige Vereinbarung, kann eine Wertsicherung nicht geltend gemacht werden und der Mietzins inflationsbedingt nicht angepasst werden.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat einige Klauseln bereits für unzulässig eingestuft

Der OGH hat im Zuge mehrerer Verbandsverfahren klagen der Arbeiterkammer (AK) Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen geprüft, die zwischen gewerblichen Vermieter:innen und Verbraucher:innen abgeschlossen wurden.  Das Gericht hat entschieden, dass bestimmte Wertsicherungsklauseln gegen Konsumentenschutzbestimmungen verstoßen und daher unwirksam sind.

Folgende Klausen hat der OGH in den Verbandsverfahren als unzulässig eingestuft:

  • Keine Wartefrist: Eine Klausel sah keine Wartefrist vor und ermöglichte daher bereits in den ersten zwei Monaten nach Vertragsabschluss eine Mietzinserhöhung. Sie verstößt damit gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG und ist unzulässig (8 Ob 37/23h, 8 Ob 6/24a).
  • Unklarer Ersatzindex: Eine Klausel sah einen Ersatzindex vor, konkretisierte ihn aber nicht. Es wurde nicht festgelegt, welcher Index statt des Verbraucherpreisindex (VPI) herangezogen werden und wer diesen Ersatzindex bestimmen sollte. Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und ist daher unzulässig (2 Ob 36/23t).
  • Rückwirkende Anpassung: Eine Wertsicherungsklausel berücksichtigte Indexänderungen, die bereits vor Vertragsabschluss eingetreten sind. Das benachteiligt die Mieter:innen und verstößt daher gegen § 879 Abs 3 ABGB.  Die Klausel ist unzulässig (8 Ob 37/23h). 
  • Wertsicherung auf Basis des Baukostenindex: Eine Klausel koppelte die Wertsicherung an den Baukostenindex. Das ist sachlich nicht gerechtfertigt, da sie nur einen Teil der relevanten Vermietungskosten abbildet. Sie berücksichtigt damit etwa die Erhaltungskosten, aber keine anderen laufenden Ausgaben wie z. B. Finanzierungskosten. Dies verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und ist daher unzulässig (10 Ob 23/24s).

Mögliche Konsequenzen der OGH-Judikatur 

Diese Entscheidungen können weitreichende Folgen haben. 

Ist eine Klausel unzulässig, fällt sie nach geltender Rechtsprechung in der Regel weg und hat keine Vertragsgrundlage mehr. Das würde den ersatzlosen Wegfall der Wertsicherungsklausel bedeuten.

Seit den Entscheidungen des OGH steht also bei Wohnungsmietverträge mit ähnlichen unzulässigen Wertsicherungsklauseln, wie bei den oben aufgelisteten, folgendes im Raum:

  • Mieter:innen könnten möglicherweise die Beträge, die sie aufgrund von Wertanpassungen über die Jahre bezahlt haben, zurückverlangen – unter Umständen bis zu 30 Jahre.
  • Bei Verträgen mit unzulässigen Klauseln könnten Mietzinserhöhungen in der Zukunft möglicherweise nicht mehr erfolgen.

Die genauen Folgen gesetzwidriger Wertsicherungsklauseln sind noch unklar

Die konkreten Auswirkungen gesetzwidriger Wertsicherungsklauseln in den jeweiligen Mietverträgen sind derzeit allerdings noch unklar.

Das liegt unter anderem daran, dass der OGH – teilweise in anderem Zusammenhang – die möglichen Konsequenzen solcher gesetzwidrigen Klauseln relativiert hat.

Außerdem sind weitere Verfahren zu den Folgen gesetzwidriger Wertsicherungsklauseln anhängig.

Eine endgültige Klärung durch den OGH bzw. allenfalls durch den Europäischen Gerichthof (EuGH) steht daher noch aus.

Die aktuelle Entscheidung VfGH

In der aktuellen Debatte geht es um die VfGH-Entscheidung vom 11.7.2025 (VfGH 24.6.2025, G 170/2024 und G 37-38/2025). Sie bringt in dieser Diskussion nichts wirklich Neues.

Ein Vermieter hatte allgemeine konsumentenrechtliche Bestimmungen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) bekämpft und sie im Kontext von Mietzinserhöhungen angefochten.

Der VfGH hat nur festgehalten, dass diese Bestimmungen verfassungskonform und die Wertungen demnach sachlich angemessen sind.

Klarstellung durch Gesetzgeber

Die Entscheidungen des OGH in den oben beschriebenen Verbandsverfahren haben möglicherweise große Auswirkungen. Die Bundesregierung plant daher eine gesetzliche Klarstellung.

Eine Regelung ist noch in diesem Jahr geplant und soll Rechtssicherheit bringen.

Tipps für betroffene Verbraucher:innen

Verbraucher:innen sollten sich beraten lassen und an Verbraucherorganisationen wie die Arbeiterkammern, den Verein für Konsumenteninformation, den Verbraucherschutzverein oder Mieterorganisationen wenden.

Wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, kann Ansprüche mit seiner Rechtsschutzversicherung verfolgen.

Wenn bei Streitigkeiten zwischen Verbraucher:innen und Unternehmer:innen keine Einigung erzielt werden kann, steht die Verbraucherschlichtung Austria zur Verfügung.

Da die Verjährungsfrist möglicherweise verkürzt wird, sollten Betroffene ihre möglichen Ansprüche gegenüber dem Vermieter bzw. der Vermieterin zeitnah – bis Ende 2025 – prüfen lassen. 

Eine Prozessführung auf eigenes Risiko ist nicht zu empfehlen, weil derzeit die Rechtsfolgen noch nicht abschließend geklärt sind.


Allgemeine Informationen zum Mietrecht finden Sie unter Überblick Miete (konsumentenfragen.at) und unter Mietwohnungen (oesterreich.gv.at).

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