VKI: erfolgreiches Urteil zu Kosten im Rahmen einer Besitzstörung

veröffentlicht am 16.01.2022

Es gibt ein Recht auf ungestörten Besitz. Und wer fremden Besitz eigenmächtig stört, kann geklagt werden. So kann beispielsweise Falschparken mit dem Auto auf fremdem Privatgrund schnell teuer werden. Denn auch für eine nur kurzfristige Besitzstörung verlangen Rechtsvertreter:innen mitunter gleich mehrere Hundert Euro. Viele Betroffene zahlen, um eine Klage vor Gericht zu vermeiden, denn die Erfolgschancen vor Gericht sind schwer abzuschätzen. Die Rechtsprechung bei der Besitzstörung ist grundsätzlich streng.

In der Konsumentenberatung gab es in den letzten Jahren zahlreiche Fälle, die häufig auch ohne jedes Bewusstsein auf Privatgrund geparkt haben, weil sie etwa einen (bewusst?) undeutlichen Hinweis auf das Parkverbot übersehen hatten.  Der VKI ist schon seit einiger Zeit bemüht, eine Entscheidung über die Höhe eines angemessenen Schadenersatzes in Verbindung mit einer Besitzstörungshandlung zu erzielen. Das ist dem VKI nun erstmalig gelungen.

Worum ging es im Verfahren?

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des Sozialministeriums einen Verbraucher unterstützt, der zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert und mit einer Forderung von EUR 399,- konfrontiert wurde. Anlassfall war das unberechtigte Parken der Ehefrau auf einem Behindertenparkplatz am Privatgelände des Krankenhauses. Sie hatte ihren betagten Vater aus dem Krankenhaus abgeholt und hatte dabei für wenige Minuten aus Parkplatzmangel auf einem Behindertenparkplatz geparkt. Das Abschleppen vor Ort durch ein Abschleppunternehmen konnte gerade noch verhindert werden.

Den Verbraucher:innen kam die Forderung überhöht vor und wandte sich an den VKI. Auf Anraten des VKI gaben die Verbraucher:innen eine Unterlassungserklärung ab und bezahlten EUR 100,- sowie die restlichen EUR 299,- unter Vorbehalt der rechtlichen Klärung. Der VKI unterstützte die Verbraucher:innen in einem Verfahren, die unter Vorbehalt geleistete Zahlung zurückzuerlangen. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen, dh die Verbraucher:innen hätten nichts zurückbekommen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in zweiter Instanz gab aber dem VKI Recht und sprach den Verbraucher:innen den vorbehaltlich gezahlten Betrag zu.  

Zur Ersatzfähigkeit der im Besitzstörungsverfahren entstandenen Kosten

Der in seinem Besitz Gestörte hat nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verteidigungs- und Rechtsverfolgungskosten sowie auch gegebenenfalls der Abschleppkosten. Dieser Anspruch umfasst nach ständiger Rechtsprechung aber nicht Kosten für vorab getätigte Abwehrmaßnahmen, wenn diese gesetzt werden, um ganz allgemein Gefahren abzuwehren, die nicht mit einem konkreten Verhalten einer bestimmten Person und einer konkret drohenden Schädigung im Zusammenhang stehen.

Das Abschleppunternehmen muss aufgrund seiner Vereinbarung mit dem Krankenhaus auch ohne die gegenständliche Besitzstörung durch die Konsumentin Maßnahmen zur Parkraumüberwachung setzen. Diese Kosten für Maßnahmen, die unabhängig von der konkreten Besitzstörung anfallen, können nicht der Besitzstörerin angelastet werden. Da es dem Abschleppunternehmen aber im Gerichtsverfahren nicht möglich war, einen konkreten Betrag zu nennen, der durch die gegenständliche Besitzstörung entstanden ist, konnte das Gericht keinen Schaden feststellen, der ersetzt werden müsste.

Zu den Rechtsanwaltskosten für das Aufforderungsschreiben hält das Gericht fest, dass diese zwar grundsätzlich zu ersetzen sind. Diese hätten sich aber am Rechtsanwaltstarifgesetz zu orientieren. Das Gericht kam bei seiner Berechnung auf einen Anspruch von EUR 67,58 inklusive Steuerern und Kosten für die Lenkererhebung.

Da die Konsumenten EUR 100,- an Kosten vorbehaltslos bezahlt haben und ansonsten keine konkreten Kosten feststellbar waren oder auch nur genannt wurden, kam das Gericht zum Schluss, dass die Verbraucher:innen den unter Vorbehalt bezahlten Betrag von 299 Euro zurückerhalten müssen.

Auch wenn dieser Fall ein wenig anders gelagert war als die vielen Beschwerden von Konsument:innen, die unberechtigt parken, weil sie einen Hinweis übersehen haben, ist doch die entscheidende Aussage über die Rechtsanwaltskosten auch für diese Fälle maßgeblich!

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Mehr dazu auf verbraucherrecht.at!

Bis zum 19.1.2022 in der ORF-tvthek verfügbar: 

Gespräch mit VKI-Jurist Mag. Maximillian Kemetmüller zum Besitzstörungsverfahren in der Sendung konkret vom 12.1.2022 

konkret: Hybrid-Fleisch | Parkplatz-Streitigkeiten – tv.ORF.at


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