Unzulässige Schadenersatzklausel entfällt ersatzlos

veröffentlicht am 10.01.2023

Mit der Frage, ob eine gesetzwidrige Vertragsklausel in einem Verbrauchervertrag vom Unternehmer durch eine gesetzliche Regelung ersetzt werden darf, die ohne diese Klausel anwendbar gewesen wäre, hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) schon mehrmals auseinandergesetzt. Nun liegt dazu ein weiteres, aus konsumentenschutzrechtlicher Sicht sehr erfreuliches Urteil vor.

Anlassfall

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Möbelhändlers fand sich die Klausel, dass das Unternehmen im Falle eines unberechtigten Rücktritts des Käufers Schadenersatz dafür fordern kann, dass ihm der Kaufpreis entgeht. Gemäß dieser Klausel konnte der Verkäufer zwischen einem pauschalierten, vom konkreten Schaden unabhängigen Schadenersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises oder dem Ersatz des tatsächlich entstandenen Schaden wählen.

Im konkreten Fall trat ein Käufer einer Küche, ohne dazu berechtigt zu sein, vom Kaufvertrag zurück. Der Verkäufer klagte den Verbraucher auf Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens.

Klausel fällt ersatzlos weg

Der Verbraucher wandte die Gesetzwidrigkeit der Stornoklausel ein. Da die pauschale Festlegung einer Stornogebühr von 20 % nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) gröblich benachteiligend und damit unzulässig ist, nahm der OGH diesen Fall zum Anlass, an den EuGH unter anderem folgende Frage zu richten: Bleibt nach dem Wegfall dieses gesetzwidrigen Teils der Klausel, der restliche Teil der Klausel, der – isoliert betrachtet – der gesetzlichen Schadenersatzregelung entspricht, erhalten oder fällt die Klausel zur Gänze weg?

Der EuGH entschied in seinem aktuellen Urteil, dass die Klausel unteilbar sei und daher als Ganze für nichtig erklärt werden müsse. Die Klausel kann nicht in einen unzulässigen und einen zulässigen Teil aufgespalten werden mit der Folge, dass nur erstere Regelung (pauschalierter Schadenersatz von 20%) nichtig wäre. Dass der zweite Teil der Klausel (Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens) dem geltenden Recht entspricht, ist nach Ansicht des EuGH unerheblich.

Keine Lückenfüllung durch gesetzliche Regelungen

Da die Klausel zur Gänze nichtig ist, kann sich das Unternehmen auch nicht auf die gesetzliche Regelung stützen. Damit hält der EuGH an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine solche Lückenfüllung auf jene Fälle beschränkt ist, in denen der Wegfall der Klausel zu einer für den Verbraucher besonders nachteiligen Gesamtunwirksamkeit des Vertrags führen würde. Kann ein Vertrag nach Wegfall der Klauseln aufrecht bleiben, ist die Lückenfüllung nicht zulässig.

Verwendung missbräuchlicher Klauseln soll mittels Abschreckung abgestellt werden

Im Ergebnis führt diese Entscheidung dazu, dass der eigentlich unberechtigt zurücktretende Verbraucher von jeder Schadenersatzpflicht befreit ist. Dem Urteil kommt eine ganz grundlegende Bedeutung für alle missbräuchlichen Klauseln zu: Der EuGH will durch diese Schlechterstellung der Unternehmen langfristig sicherstellen, dass diese davon abgehalten werden, missbräuchliche Klauseln in den AGB verwenden.

EuGH: Keine Haftung des Verbrauchers bei missbräuchlicher Haftungsklausel | Verbraucherrecht

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