OGH erklärt zahlreiche Klauseln von „Clever fit“ für unzulässig

veröffentlicht am 03.01.2023

Die Bundesarbeitskammer hat mehrere große Fitnesscenterketten wegen unzulässiger Vertragsklauseln in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt. Nun liegen die ersten Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH) gegen Unternehmen der Fitnesscenterkette „Clever fit“ vor.

Fitnesscenter werben oft sehr plakativ mit einem günstigen Monatsbeitrag. Oft bleibt es aber nicht bei diesem Betrag, denn neben monatlichen Mitgliedsbeiträgen verrechnen Fitnesscentern ihren Kunden:innen in vielen Fällen weitere Entgelte wie beispielsweise Verwaltungspauschale, Anmeldegebühr, Aktivierungsgebühr, Chipgebühr, Energiekosten- oder Hygienepauschale.

Nun liegen gegen die Fitnesscenterkette „Clever fit“ zwei oberstgerichtliche Entscheidungen, die zunächst zahlreiche typische Vertragsklauseln (z.B. betreffend Kündigung, Schadenersatz, etc.) zum Gegenstand haben. Zusätzlich enthalten sie aber ganz grundsätzliche und für Verbraucher:innen sehr positive Aussagen zu den erwähnten Zusatzentgelten, die Fitnesscenter neben dem monatlichen Beitrag gerne verrechnen. 

Kein Zusatzentgelt ohne Gegenleistung

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs (OGH) steht dem Fitnesscenter kein zusätzliches Entgelt zu, wenn Verbraucher:innen keine über die vertragliche Hauptleistung hinausgehenden „Zusatzleistungen“ erhalten haben. Oft werden unzulässigerweise Leistungen verrechnet, die das Unternehmen ohnehin schon aufgrund des Vertrags erbringen muss.

Welche Zusatz­entgelte von "Clever fit" sind nach diesen Entscheidungen rechts­widrig?

Verwaltungspauschale 19,90 Euro
Clever Fit begründete die bei Vertragsabschluss einmalige Verrechnung dieses Entgelts für den Aufwand der Datenerfassung des neuen Mitglieds sowie die interne Freigabe für alle Studios. Laut OGH steht dieser Pauschale keine konkrete Aufwendung oder Leistung gegenüber, die über das Maß eines üblichen Vertragsabschlusses hinausgeht.

Chipgebühr 19,90 Euro
Für den Zutritt benötigen Mitglieder ein Chipband, das einmalig bei Vertragsabschluss um 19,90 Euro gekauft werden muss. Nach Ansicht des OGH gehört der Zutritt zu den Fitnessstudios eindeutig zu den Vertragspflichten des Unternehmens. 

Servicepauschale 19,90 Euro
Diese zweimal jährlich verrechnete Pauschale wird unabhängig von den konkret zur Verfügung stehenden Angeboten (also vom jeweiligen Package) und unabhängig von den tatsächlich konsumierten Leistungen (etwa Gruppenkurse, Trainerstunden, etc.) verrechnet. Auch diese ist laut  OGH unzulässig.

Neue „Energie­kosten­pauschale“

Im September 2022 erhielten Kund:innen von Clever fit eine SMS bzw. eine E-Mail. Darin wurde die Verrechnung einer einmaligen, aufgrund der gestiegenen Preise als notwendig bezeichneten, Energiekostenpauschale in Höhe von 29,90 Euro angekündigt. Dieser Betrag sollte eingezogen werden, sofern die Kund:innen dieser Verrechnung nicht explizit widersprechen.

Für diese neue, von Clever fit erfundene Pauschale gibt es weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Grundlage. Auch die Vorgangsweise, ohne ausdrückliche Zustimmung der Kund:innen Geldbeträge einzuziehen, ist nach Ansicht des OGH rechtswidrig.

Arbeiterkammer unterstützt betroffene Clever fit-Mitglieder

Die Arbeiterkammer hat die Fitnesscenter von „Clever fit“ bereits aufgefordert, die zu Unrecht kassierten Beträge zurückzuzahlen.

Sind Sie Kund:in von Clever fit, können Sie Ihre Daten in dieses Kontaktformular eingeben.

ZUM KONTAKTFORMULAR

Auch für den Fall der unzulässig erhobenen Energiekostenpauschale stellt die Arbeiterkammer einen Musterbrief zur Verfügung.

 Musterbrief: „Rückerstattung Energiekostenpauschale“ (0,1 MB)

 OGH Urteil 4 Ob 59/22p (0,3 MB)
 OGH Urteil 4 Ob 62/22d (0,4 MB)

 

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