Autohersteller haftet laut EuGH für Schaden durch illegales Thermofenster
veröffentlicht am 30.03.2023
Europäischer Gerichtshof sorgt für Klarstellung der Haftung von Autoherstellern im Abgasskandal

Leichte Fahrlässigkeit reicht aus
Im konkreten Fall ging es um einen im März 2014 bei der Mercedes-Benz Group gebraucht gekauften Mercedes D220 CDI. Der EuGH führte in seiner Entscheidung aus, dass die EU-Vorschriften zur Typengenehmigung bei Verstößen (wie z.B. einer unzulässigen Abschalteinrichtung) nicht nur Verwaltungsstrafen nach sich ziehen, sondern auch die Interessen der einzelnen Käufer:innen gegenüber dem Hersteller schützen. Laut EuGH könne bereits bei einfacher (bzw. leichter) Fahrlässigkeit ein Schadenersatzanspruch gegeben sein, wenn dem Käufer durch die unzulässige Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. Es braucht dafür kein vorsätzliches Handeln des Fahrzeugherstellers.„Angemessener“ Schadenersatz
Die Mitgliedstaaten müssen dem EuGH zufolge sicherstellen, dass die:der Käufer:in eines solchen Fahrzeuges gegen den Hersteller Anspruch auf Schadenersatz hat. Der Schadenersatz muss in einem angemessenen Verhältnis zum entstandenen Schaden stehen. Es soll aber nicht möglich sein, dass ein:e Käufer:in keinen Schadenersatz bekommt, nur weil das Auto sehr viele Jahre gefahren wurde und daher das Nutzungsentgelt für diesen Gebrauch sehr hoch wäre. Dann würde die:der Verbraucher:in den Schaden nach 250.000 Kilometer Laufleistung (die für einen PKW angenommen wird) nämlich letztlich „verfahren“. Vielmehr sei dafür zu sorgen, dass die:der Käufer:in jedenfalls einen angemessenen Ersatz erhalte.
Was bedeutet das für die Sammelklagen gegen VW und Co.?
Nun kann auch der Oberste Gerichtshof (OGH) klarstellende Urteile zur Haftung von VW im Rahmen der 16 Sammelklagen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) treffen. „Das Urteil bildet außerdem eine Grundlage für Schadenersatzansprüche gegen alle Hersteller, die unzulässige Thermofenster eingebaut haben“, sagt Mag. Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI. Thermofenster wurden neben VW auch von Herstellern anderer Automarken – in diesem Fall Mercedes - verbaut. Das kann möglicherweise zu einer neuen Klagewelle gegen verschiedene Hersteller führen.
Zur Haftung des Händlers siehe den Beitrag vom 13.03.2023 „Erfreuliches Urteil im „Diesel-Abgasskandal“