Unfall mit Stehleiter – wofür haftet der Hersteller?

veröffentlicht am 06.09.2020

Kommt ein/e Radfahrer/in zu Sturz, weil während der Fahrt die Fahrradgabel aufgrund eines Materialfehlers bricht, kann der/die Radfahrer/in - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - Schadenersatz im Rahmen des Produkthaftungsgesetzes verlangen.

Die Produkthaftung umfasst also Personen- und Sachschäden, die durch Fehler verursacht werden, die ein in Verkehr gebrachtes Produkt aufweist. Ein Produkt gilt als fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist. Dabei kommt es auf die objektiv berechtigten Sicherheitserwartungen und die Darbietung des Produkts an.

Konstruktions-, Produkt- und Instruktionsfehler

Bei Produktfehlern ist zwischen Konstruktions-, Produktions- und Instruktionsfehlern zu unterscheiden.

Beim Konstruktionsfehler ist die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept begründet.

Beim Produktionsfehler entspricht das „idealtypische Produkt“ den Erwartungen, nicht aber das einzelne Stück im Rahmen einer Serien-/Massenproduktion (sogenannte „Ausreißerschäden“).

Beim Instruktionsfehler macht die unzureichende Darbietung das Produkt durch z.B. eine unklare oder sonst fehlerhafte Gebrauchsanweisung fehlerhaft.

Umgefallene Leiter

Unfälle bei der Benützung von Leitern gehören leider zu den häufigsten Freizeitunfällen!

In einem Verfahren um einen Unfall mit einer Stufenstehleiter hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) die Anforderungen an eine ausreichende „Instruktion“ (im konkreten Fall Piktogramme und eine Benutzerinformation) zu prüfen.

Der Konsument kaufte eine Stufenstehleiter, die er in der Folge seitlich vor einer Belagsbühne aufstellte, um sie zum Auf- und Absteigen auf die Belagsbühne zu verwenden. Er beachtete weder die auf der Leiter angebrachten Piktogramme, von denen eines das Übersteigen von der Leiter auf eine andere Trittfläche verbot, noch las er die angeschlossene Benutzerinformation, in der es unter Punkt 3 hieß: „d) Stehleitern nicht zum Aufsteigen auf eine andere Ebene benutzen.“  Als er von einem Baugerüst auf die Stehleiter steigen wollte, stieg er mit seinem rechten Fuß in Richtung oberste Stufe zur Leiter. Durch den seitlichen Druck auf die Leiter kippte diese weg, wodurch sich der Konsument verletzte. Der Konsument klagte den Hersteller auf Zahlung von Schmerzengeld. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren mangels Vorliegens eines Produktfehlers übereinstimmend ab.

OGH zu Instruktionsfehlern

Der Konsument erhob Revision beim Obersten Gerichtshof. Der Konsument wandte ein, dass das gegenständliche Piktogramm nicht verständlich sei, weil damit nur eine normale Stehleiter und keine Stehleiter mit Podest, wie er sie erworben habe, abgebildet werde. Der OGH wies die Revision ab und begründete dies damit, dass zum einen der Konsument das Wesen von Piktogrammen verkennt, die Informationen durch vereinfachte grafische Darstellung vermitteln. Dass die stilisierte Stehleiter im Piktogramm kein Podest aufweist, schade im konkreten Fall nicht. Zum anderen habe der Konsument die schriftliche Erläuterung in der Benutzerinformation, die klarstellt, dass Stehleitern nicht zum Aufsteigen auf eine andere Ebene benutzt werden dürfen, außer Acht gelassen hat. Das Argument des Konsumenten, der Warnhinweis warne nicht explizit vor einem seitlichen Übersteigen, sondern nur von einem allgemeinen Übersteigen, ließ der OGH ebenfalls nicht gelten.

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