EuGH: Airline haftet nicht für die Verletzung eines Fluggasts im Hotel

veröffentlicht am 14.09.2020

Wird ein Flug annulliert, so muss die Airline der Urlauberin/dem Urlauber die Unterbringung in einem Hotel zahlen. Der EuGH hat entschieden, dass Luftfahrtunternehmen nach der Fluggastrechteverordnung nicht für Schäden haften, die Fluggästen während einer absagebedingten Unterbringung in einem Hotel entstehen.

Leuchtaufschrift "Hotel", © Photo by Marten Bjork on Unsplash
Anlass war der Fall einer Urlauberin, deren Flug der Airline Niki Luftfahrt von Mallorca nach Wien annulliert wurde. Sie wurde daraufhin unentgeltlich in einem Hotel untergebracht. Die Reisende, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, war auf dem Hotelgelände in einer Querrinne eines Weges hängen geblieben und verletzte sich durch den Sturz schwer. Sie verlangte daraufhin Schadenersatz von der Airline, da das Hotelpersonal fahrlässig die Querrinne im Weg weder beseitig noch abgesichert habe.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in diesem Zusammenhang um Auslegung der EU-Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 ersucht. Der OGH wollte zum einen wissen, ob ein Luftfahrtunternehmen, das im Fall der Annullierung eines Fluges unter bestimmten Umständen verpflichtet ist, den Fluggästen unentgeltlich eine Hotelunterbringung anzubieten, auch die Unterbringungsmodalitäten als solche zu übernehmen hat. Zum anderen wollte er wissen, ob ein Luftfahrtunternehmen dem Fluggast die Schäden zu ersetzen hat, die durch ein Fehlverhalten des Hotelpersonals entstanden sind.

Keine Haftung auf Grundlage der Fluggastrechte-VO

Der EuGH legte die Fluggastrechte-VO dahingehend aus, dass die Airline lediglich verpflichtet ist, das Hotel sorgfältig auszusuchen. Nach Auffassung des EuGH höhlt die von ihm vorgenommene Auslegung die dem Luftfahrtunternehmen obliegende Pflicht, besonders auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität zu achten, nicht aus. Das Luftfahrtunternehmen habe sich im Rahmen dieser Sorgfaltspflicht zu vergewissern, dass dieses Hotel imstande sei, vernünftigen Erwartungen an die Qualität und Sicherheit zu entsprechen, und dass dieses Hotel so angelegt sei, Personen mit eingeschränkter Mobilität unter angemessenen Bedingungen aufnehmen zu können. Das Luftfahrtunternehmen müsse daher nur ein angemessenes Hotelzimmer organisieren und die Kosten dafür übernehmen.

Der EuGH hat damit klargestellt, dass die Airline keine individuellen Schäden zu ersetzen hat, die durch ein Fehlverhalten des Personals entstehen. Das System der Fluggastrechte-VO sieht hinsichtlich Betreuungsleistungen und Ausgleichsansprüchen standardisierte und sofortige Leistungen vor, ohne dass es insoweit einer Einzelfallprüfung der speziellen Situationen im Einzelfall braucht. Nach Ansicht des EuGH erfordere der Ersatz von Schäden, die das Hotel verursacht hat, eine Einzelfallprüfung und gehe über die von der Verordnung vorgesehenen standardisierten Maßnahmen zur Wiedergutmachung hinaus. Der EuGH schloss daher eine Haftung auf der alleinigen Grundlage der Fluggastrechte-VO aus.

EuGH C‑530/19

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