Barrierefreies Hotelzimmer darf nicht mehr kosten
veröffentlicht am 09.11.2022
Aktuelles Urteil stellt klar, dass Menschen mit Behinderungen auch bei Dienstleistungen im Tourismus gleichbehandelt werden müssen
Reise nach Wien
Für eine ihrer Fahrten nach Wien hatte Elisabeth Schaber im Internet ein Zimmer bei einer großen Hotelkette reserviert und auch darauf hingewiesen, dass sie ein barrierefreies Zimmer benötigt.
Sie wurde am nächsten Tag vom Hotel informiert, dass das Zimmer in der von ihr gewählten Kategorie zu klein für Rollstühle sei. Das vom Unternehmen angebotene barrierefreie Zimmer liege allerdings in einer höheren Kategorie und somit wäre ein Aufpreis von 20 Euro pro Nacht zu zahlen.
Frau Schaber lehnte diese Umbuchung zu einem höheren Preis ab und stornierte die Reservierung.
Diskriminierung
Zunächst bemühte sich die Salzburgerin um ein Einvernehmen mit dem Hotel. Im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) wollte sie vorbringen, dass sie ungleich behandelt worden sei und sie sich diskriminiert sieht. Das BGStG sieht für den Fall, das eine Diskriminierung festgestellt wird, eine Schadenersatz-Zahlung vor.Das Schlichtungsverfahren scheiterte jedoch, da das Hotel der Einladung zu den zwei Schlichtungsterminen nicht Folge leistete.
Da hier keine Einigung erzielt werde konnte, brachte Frau S., mit Unterstützung des Klagsverbands (www.klagsverband.at) eine Klage nach dem Diskriminierungsverbot des BGStG ein.
Entscheidung des Gerichts
Das Handelsgericht Wien stufte es sehr wohl als Diskriminierung ein, dass eine Rollstuhlnutzerin ein barrierefreies Hotelzimmer nur gegen Aufpreis buchen konnte. Somit stehe der Klägerin für die erlittene Diskriminierung ein Schadensersatz zu.
Es wurde damit klar entschieden, dass Hotels jenen Menschen, die ein barrierefreies Zimmer benötigen, keinen höheren Preis verrechnen dürfen als Gästen ohne Behinderung.
Theresa Hammer, die das Verfahren für den Klagsverband geführt hat, meint dazu: „Das Urteil macht deutlich, dass Menschen mit Behinderungen keinen höheren Preis für Barrierefreiheit zahlen dürfen. Auch Hotels sind daher gesetzlich verpflichtet, barrierefreie Zimmer zu fairen Konditionen anzubieten.“
Im Alltag von Menschen mit Behinderungen kommt Ungleichbehandlung immer wieder vor
Auch wenn sich die Situation in den letzten Jahren verbessert hat, erfahren Menschen mit Behinderungen immer wieder Diskriminierungen. Sie können z.B. wegen baulicher Barrieren bei Dienstleistungen nicht frei wählen, müssen höhere Preise akzeptieren oder einen hohen organisatorischen Aufwand betreiben.
Dieses wichtige Urteil macht klar, dass der gleichberechtigte Zugang zu Dienstleistungen von Unternehmen nicht extra verrechnet werden darf.
Die Klägerin: „Ich habe geklagt, weil wir Menschen mit Behinderungen so wie alle anderen die freie Wahl bei Dienstleistungen haben müssen. Gerade weil wir auf Barrierefreiheit angewiesen sind“
Auf der Website des Klagsverband – Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern stehen die Urteile des Handelsgerichts zum Downloaden zur Verfügung.