Die Preise lügen - Warum uns billige Lebensmittel teuer zu stehen kommen

veröffentlicht am 09.10.2018

Hrsg. Volkert Engelsman, Bernward Geier - eine Rezension

So lernt man das: Der Preis ist ein in Geld ausgedrücktes Wertverhältnis von Waren auf dem Markt. Und Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis - vorausgesetzt der Markt funktioniert.

Was aber wenn der Markt nicht funktioniert, also versagt, und der Marktmechanismus aus Angebot und Nachfrage nicht zu den volkswirtschaftlich wünschenswerten Ergebnissen führt?

Externe Kosten als Zeichen eines versagenden Marktes

Wann spricht man volkswirtschaftlich von Marktversagen? z.B. bei Entstehung von externen Effekten bzw. in weiterer Folge externer Kosten.

Externe Effekte sind Auswirkungen von ökonomischen Entscheidungen, die der Markt bzw. das Preissystem nicht widerspiegeln.

Externe Kosten sind solche Kosten, die nicht von den sie verursachenden Wirtschaftssubjekten getragen, sondern der Gesellschaft oder Dritten aufgebürdet werden (soziale Kosten, volkswirtschaftliche Kosten).

Ein Beispiel: Einwegflaschen rechnen sich betriebswirtschaftlich, volkswirtschaftlich fallen zusätzliche Kosten für Müllbeseitigung an.

Oder für das Unternehmen mag es vorteilhaft sein, Abwässer nicht oder schlecht geklärt in Gewässer zu entlassen, gesamtwirtschaftlich fallen dadurch Zusatzkosten für die Trinkwasseraufbereitung an.

Auch die industrielle Landwirtschaft hat ihren Preis und hier setzt das Buch „Die Preise lügen!", herausgegeben von Volkert Engelsmann und Bernward Geier seinen Schwerpunkt: Kalkuliert man die externen Kosten z.B. durch die Nitratbelastung des Trinkwassers aufgrund von Überdüngung oder den Antibiotikaeinsatz in der Intensivtierhaltung ein, dann wäre der Preisunterschied zwischen ökologisch und konventionell produzierten Lebensmitteln deutlich geringer.

Preise lügen

Fakt ist, so auch die Grundthese dieses Buches, dass die Preise, die Verbraucherinnen und Verbraucher im Geschäft für Lebensmittel bezahlen, sehr häufig nicht jene Kosten widerspiegeln, die tatsächlich entstehen. Gerade soziale, gesundheitliche und ökologische (Folge-)Kosten der Nahrungsmittelproduktion sind in den aktuellen (Markt)Preisen gar nicht enthalten. Bei der Düngung landwirtschaftlich genutzter Böden entstehen Stickstoffüberschüsse, die dem Ökosystem, dem Klima und der Gesundheit des Menschen schaden.  Die erst später eintretenden Folgekosten können dem Verursacher letztlich nicht zugeordnet werden. Die Kosten trägt die Allgemeinheit.

Zum Buch

In 13 Kapiteln gehen unterschiedliche Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven dem Problem der externen Effekte und Kosten im Bereich Umwelt, Landwirtschaft und Lebensmittel nach sowie der zunehmenden Marktverzerrung:

Fleisch aus Massentierhaltung wäre um knappe 10% teurer als Biofleisch, wenn die Kosten verursachergerecht auf die Lebensmittelpreise aufgeschlagen würden.

Da aber die Kosten bei den konventionell produzierten Lebensmittel nicht in den Preis eingerechnet werden, erscheint nachhaltig erzeugte Lebensmittel im Verhältnis (zu) teuer und fördert die Überproduktion sowie den Konsum konventionell produzierter Nahrungsmittel.

Das Buch endet mit einem Plädoyer für die Gemeinwohl-Ökonomie und fordert "ethische Preise" und einen politischen Willen dafür. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass möglichst wenig externe Kosten entstehen. Die bisherigen externe Kosten müssen vom Verursacher getragen werden (Internalisierung externer Kosten), damit es für ihn reizvoll wird, sie zu vermeiden.

Im Aufsatz von Christian Felber steht: "Scheinen die von Unternehmen angerichteten Schäden nicht in den Preisen auf, erwächst den Skrupellosen ein Wettbewerbsvorteil, weil sie ihre Produkte billiger anbieten können. [...] Asoziales und nicht nachhaltiges, unverantwortliches  und unethisches Verhalten wird mit jeder Externalisierung der Kosten, mit jedem Nichtaufscheinen belohnt. [...] Ebenso bestraft werden ethische und verantwortungsvolle Unternehmen, die versuchen, alle Kosten zu internalisieren, wodurch ihre Marktangebote teurer werden."

Fazit

Hat man sich mit den wirtschaftlichen Fachausdrücken etwas vertraut gemacht, ist das Buch durchaus spannend zu lesen.

Man kommt unweigerlich zu dem Schluss, dass es so wie es ist, nicht weitergehen kann und hat den Wunsch, diese am Markt herrschende Ungerechtigkeit zu beseitigen.

Auch wenn vorrangig die Politik gefragt ist, gehen die Herausgeber davon aus, dass wir alle schon heute mit unseren täglichen Konsumentscheidungen dazu beitragen können, dass "die Preisschilder auf unseren Lebensmitteln die Wahrheit abbilden, etwa in dem wir biologische Lebensmittel einkaufen!"

Das Buch ist im oekom-Verlag erschienen.

168 Seiten, oekom verlag München, 2018
ISBN-13: 978-3-96238-006-9
Erscheinungstermin: 26.02.2018

Preis: 16.00 €

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