Beweispflicht trifft Versicherer, wenn er Arglist von VersicherungsnehmerInnen behauptet

veröffentlicht am 23.09.2015

OLG Wien hat rechtskräftig entschieden

Bei der Antragstellung einer Lebensversicherung werden unterschiedliche Fragen gestellt, unter anderem auch über die Gesundheit der Antragstellerin/des Antragstellers. Nachdem der Versicherungsnehmer gestorben ist, hat das Versicherungsunternehmen die Zahlung abgelehnt und behauptet, dieser hätte gesundheitliche Informationen arglistig verschwiegen. Das OLG Wien hat nun entschieden: Wenn sich der Versicherer auf eine arglistige Täuschung durch falsche Beantwortung von Gesundheitsfragen durch den oder die VersicherungsnehmerIn berufen möchte, muss er folgende Punkte beweisen:

- bewusste Täuschung durch den Versicherungsnehmer,
- Kenntnis des Versicherungsnehmers von den Gefahrenumständen,
- Irrtum und Relevanz für die Versicherung.

VKI unterstützte die Witwe

Die Witwe des verstorbenen Konsumenten wurde in diesem Verfahren durch den VKI im Auftrag des Sozialministeriums erfolgreich unterstützt. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des OLG Wien muss das Versicherungsunternehmen nun die Leistung vertragskonform erbringen.

Zur Ausgangslage

Ein Verbraucher gab bei Antragstellung nur an, 20 Zigaretten am Tag zu rauchen und verneinte die anderen Gesundheitsfragen zu Krankenhausaufenthalten, Alkoholkonsum und Beschwerden der Atmungsorgane. Der Versicherungsnehmer verstarb drei Jahre später an einem durch mehrere Lungenentzündungen verursachten Herzinfarkt. Die Versicherung verweigerte die Auszahlung an die Witwe, berief sich dabei auf Arglist und erklärte die Anfechtung des Vertrages. Der Konsument habe nämlich eine im Vorjahr der Antragstellung erfolgte stationäre Spitalsbehandlung verschwiegen und dadurch erheblich gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht verstoßen. Hätte die Versicherung von der verschwiegenen Erkrankung bzw. Spitalsbehandlung gewusst, hätte sie den Vertrag nicht geschlossen. 

Dem Patientenbrief war zu entnehmen, dass der Verbraucher damals 30 bis 40 Zigaretten, bis zu zwei Liter Wein sowie vier bis fünf Flaschen Bier pro Tag konsumierte. Eine Nikotin- und Alkoholabstinenz ist als dringend erforderlich erachtet worden. Im Zeitraum der Antragstellung waren aber keine gesundheitlichen Beschwerden, keine regelmäßige Medikamenteneinnahme oder eine laufende ärztliche Behandlung feststellbar.

Was der Versicherer nicht beweisen konnte…

Beim Einwand der arglistigen Täuschung trägt der Versicherer die Beweislast für die oben aufgezählten Punkte. Im gegenständlichen Verfahren gelang der Versicherung der Beweis aber eben nicht. Das Gericht konnte also in der Folge weder feststellen, ob und inwiefern  der Konsument vor bzw. beim Ausfüllen des Versicherungsantrags über die Bedeutung der Gesundheitsfragen aufgeklärt wurde noch, dass der Antragsteller die Krankheits- und Gesundheitsfragen tatsächlich verstanden hat und über die Auswirkungen der Antworten Bescheid wusste. Außerdem war nicht erwiesen, dass der Konsument befürchtet hat, die Versicherung könnte im Fall der positiven Beantwortung der relevanten Fragen den Vertrag mit ihm gar nicht oder nur zu ungünstigeren Konditionen abschließen.

Wie hätte der Fall ohne VKI geendet?

Wieder ein Fall, wo eine Konsumentin ohne den VKI wohl nicht zu ihrem Recht gekommen wäre...

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