Inkassobüros handeln bei Ratenzahlungen als Kreditvermittler

veröffentlicht am 31.07.2016

Schlussanträge der Generalanwältin des EuGH folgen der Meinung der VerbraucherschützerInnen

Inkassobüros verlangen von ihren SchuldnerInnen häufig ein Anerkenntnis über die ursprüngliche Forderung, die Zinsen und die Kosten und gewähren in der Folge die Möglichkeit diese Summe in Raten abzubezahlen.

Die Frage, ob nun dieses Ratengeschäft auch vom Verbraucherkreditgesetz erfasst ist, hatte der OGH in einem von uns beauftragten und vom VKI geführten Verfahren gegen die INKO Inkasso GmbH zu entscheiden. Er gab diese Frage im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH weiter. 

Die Definition des Kredits im Verbraucherkreditgesetz ist - auf Grund der europäischen Richtlinie - sehr weitgehend. Und weil das Gesetz auch zahlreiche Informationsverpflichtungen und Schutzvorschriften kennt, macht es einen deutlichen Unterschied, ob es bei Ratenzahlungsvereinbarungen mit Inkassobüros anwendbar ist oder nicht.

Fragen an den EuGH

  1. Wird ein Inkassobüro, das im Zusammenhang mit dem gewerbsmäßigen Eintreiben von Forderungen im Namen seiner Auftraggeber deren Schuldnern (Kreditnehmern) den Abschluss von Ratenvereinbarungen anbietet, wobei es für seine Tätigkeit Spesen verrechnet, die letztlich von den Schuldnern (Kreditnehmern) zu tragen sind, als „Kreditvermittler" im Sinn von Art. 3 Buchst. f der Richtlinie 2008/48 tätig?
  2. Wenn ja, ist eine Ratenvereinbarung, die über Vermittlung eines Inkassobüros zwischen einem Schuldner (Kreditnehmer) und dessen Gläubiger (Kreditgeber) geschlossen wird, eine „unentgeltliche Stundung" im Sinn von Art. 2 Abs. 2 Buchst. j der Richtlinie 2008/48, wenn sich der Schuldner (Kreditnehmer) darin lediglich zur Zahlung der offenen Forderung sowie von solchen Zinsen und Kosten verpflichtet, die er wegen seines Verzugs ohnehin aufgrund des Gesetzes - also auch ohne solche Vereinbarung - zu zahlen gehabt hätte?

Der Sachverhalt

Mit der Rückzahlungsvereinbarung

  1. erkennt der Kreditnehmer die offene Forderung und den Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens aus dem ursprünglichen Kreditvertrag an,
  2. erklärt sich mit einem Tilgungsplan einverstanden,
  3. verpflichtet sich, den geschuldeten Betrag in monatlichen Raten zu zahlen, und
  4. erklärt sich damit einverstanden, dass Zahlungen zuerst auf die Gebühren von INKO und dann auf die Forderung des Kreditnehmers und die Zinsen angerechnet werden.
  5. Die Gebühren und die Zinsen (Inkassokosten) stellen das Entgelt für die von INKO erbrachten Dienstleistungen dar.

Während Verbraucherschützer meinen, dass durch diese Kreditvermittlung ein die Informations- und sonstigen Pflichten des Verbraucherkreditgesetzes auslösendes Rechtsgeschäft vorliegt, argumentierte INKO, dass sich ihre Tätigkeit ja auf ein bereits bestehendes Kreditverhältnis beziehe.

Schlussanträge der Generalanwältin

Die Generalanwältin sieht alle 4 Voraussetzungen erfüllt, um die Tätigkeit der INKO als Kreditvermittlung ansehen zu können. 

  1. Sie muss eine natürliche oder juristische Person sein,
  2. darf nicht als Kreditgeber handeln,
  3. muss in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit tätig werden und
  4. muss ein Entgelt für ihre Dienstleistungen verlangen.

Es gehe nicht um den ursprünglichen Kreditvertrag sondern um die vom Inkassoinstitut vermittelte Rückzahlungsvereinbarung. Außerdem entspräche es dem Zweck der Richtlinie, dass bei Kreditverhältnissen eine umfassende vorvertragliche Information erfolgen müsste.

Auch die Frage, ob es sich um einen entgeltlichen und damit von der Richtlinie erfassten Kredit handle, wurde von der Generalanwältin bejaht und damit verbraucherfreundlich entschieden.

Das Urteil des EuGH folgt üblicherweise den Ausführungen der Generalanwaltschaft, kann aber - wie im Verfahren gegen Amazon - auch abweichen. Es bleibt also spannend.

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