OGH: 2013 erfolgte Zinsreduktion bei Wüstenrot-Bausparverträgen unzulässig

veröffentlicht am 12.04.2016

Wüstenrot wollte gegen „übersparte“ Verträge vorgehen

Im Herbst 2013 erhielten manche KundInnen der Bausparkasse Wüstenrot AG ein Schreiben, in dem eine gravierende Reduktion der Zinsen bei ihren Sparverträgen angekündigt wurde. Es wurde mitgeteilt, dass die Vertragssumme überschritten wurde und für diesen Mehrbetrag ein Zinssatz von 0,1% zur Anwendung kommen solle. Außerdem enthielt das Schreiben die Information, dass der Zinssatz nunmehr anders festgelegt werde (3-Monats-Euribor minus 1,3%, mindestens aber 0,1%). Diese KundInnen mit „übersparten" Verträgen erhielten davor im Durchschnitt Zinsen in Höhe von 2,19% jährlich.

Die Arbeiterkammer ergriff die Möglichkeit einer Verbandsklage gegen die Wüstenrot und ging gegen die Vorgangsweise des Unternehmens gerichtlich vor. Der Fall kam bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) und wurde letztendlich im Sinne der KonsumentenschützerInnen entschieden.

Schweigen als Zustimmung zur Vertragsänderung?

Die betroffenen KonsumentInnen wurden im Schreiben darauf hingewiesen, dass Ihr Schweigen als Zustimmung gelte und sie die Möglichkeit hätten, der Änderung zu widersprechen, was aber eine Kündigung durch Wüstenrot zu Folge gehabt hätte.

Grundsätzlich sind Änderungen durch eine sogenannte „Zustimmungs-„ bzw. „Erklärungsfiktion" nach dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG) möglich, wenn VerbraucherInnen rechtzeitig auf die Bedeutung ihres Verhaltens besonders hingewiesen werden und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessen Frist haben. Diese Vorgehensweise muss aber zuvor auch vertraglich (in den AGB) vereinbart bzw. vorgesehen worden sein.

Vertragsklauseln sind rechtswidrig

Die für die betroffenen Bausparverträge konkret geltenden AGB sahen eine derartige Vorgehensweise zwar vor, waren aber nach Ansicht des OGH für die KundInnen intransparent und gröblich benachteiligend. Denn Änderungen mittels Zustimmungsfiktion sind nach Inhalt und Ausmaß nicht unbeschränkt möglich! In diesem Fall blieb aber völlig unklar, welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken könnte - Änderungen waren theoretisch unbeschränkt möglich gewesen!

Die Vertragsklauseln in den AGB zur Zustimmungsfiktion wurden deswegen als unzulässig eingestuft. Damit entfiel die vertragliche Grundlage für das 2013 an die Kundinnen gerichtete Schreiben und die darin vorgesehene Vorgehensweise zur Änderung der Verträge.

Im Ergebnis waren sowohl die Zinsreduktion 2013 als auch die nach Widerspruch der KundInnen erfolgten Kündigungen unzulässig. Wüstenrot müsste nun den betroffenen VerbraucherInnen die durch dieses Vorgehen entgangenen Zinsen nachzahlen.

Aktuellen Medienberichten zufolge hat Wüstenrot nunmehr vor, die betroffenen Verträge ordentlich zu kündigen.

Das Urteil im Volltext

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