OGH zu Teilzeitnutzungsverträgen: 15 Jahre Bindung ist zulässig

Keine Rückerstattung bezahlter Beträge, wenn Kündigung im 13. Jahr erfolgt

Ein Ehepaar schloss knapp vor Pensionierung des Mannes im Jahr 1999 einen Teilzeitnutzungsvertrag mit der Cordial Ferienclub AG ab.  

Diese betreibt Hotels, deren Zimmer sie den KundInnen im Rahmen von sogenannten "Beherbergungsverträgen" zur Verfügung stellt.

Der Vertrag der KonsumentInnen sah den Erwerb von Urlaubspunkten vor, die sie nach freier Auswahl der Ferienzeit in mehreren, von Cordial im Inland betriebenen Hotels einlösen konnten. Die Urlaubspunkte wurden für die gesamte Laufzeit des Vertrags im Voraus erworben; Die Punktebewertung erfolgte inflationsunabhängig. Kurtaxe und Konsumation fielen bei jedem  Aufenthalt gesondert an. Vor allem aber mussten die während der gesamten Laufzeit anfallende Betriebskosten von monatlich 60 €  bezahlt werden.

Flexibel, aber nicht was die Vetrtragsdauer betrifft

Geworben hat das Unternehmen damit, dass die Verträge flexibel ausgestaltet sein: Es bestand die Möglichkeit eines Punktevorgriffs bzw. einer Ansparung von Urlaubspunkten bis zu drei Jahren sowie die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis an Dritte zu übertragen oder die Urlaubspunkte Dritten zur Nutzung zu überlassen.

In einem wesentlichen Punkt aber war der Vertrag nicht flexibel:

Mit Vertragsschluss erhielten die KonsumentInnen ein Nutzungsrecht für 30 Jahre (!) an den Hotel- und Ferienclubanlagen - ein vorzeitiger Ausstieg war nicht möglich, denn die Verträge enthielten Klauseln, wonach der Kunde den Vertrag nur dann vorzeitig auflösen kann, wenn das Unternehmen seinen Vertragsverpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachkommt.

Vereinbarung bereits damals rechtswidrig

Diese Vereinbarung widersprach bereits damals der zulässigen Vertragsdauer. Der OGH führte in einem im Jahr 1998 ergangenen Urteil aus:

"Nach den bisherigen Erörterungen überschreitet aber eine Bindungsfrist von 25 Jahren die zulässige Grenze erheblich. In Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Partner von Teilzeitnutzungsverträgen wird die anläßlich des Erwerbs eines Teilzeitnutzungsrechts erlaubte Dauer der Verbraucherbindung - je nach den sonstigen Einzelheiten des konkreten Vertrags - im Bereich von 10 bis 15 Jahren liegen."

Verfahren vor dem OGH

In dem nun vor dem Obersten Gerichtshof beendeten Musterprozess ging es genau um diese Frage der zulässigen Bindungsdauer zwischen 10 und 15 Jahren.

Denn das klagsführende Ehepaar hatte den Beherbergungsvertrag mit Cordial nach 13,5 Jahren gekündigt nachdem es bereits ab dem Jahr 2004  den Vertrag zum Rückkauf an Cordial angeboten hatte. Ein solches Rückkaufsrecht war in den Verträgen vereinbart. Man wurde jedoch vertröstet, dass es eine lange Warteliste diesbezüglich gäbe.

Mit der nunmehrigen Kündigung forderten sie die Rückzahlung des adäquaten Anteils des im Voraus geleisteten Entgelts.

Cordial lehnte die Kündigung mit der Begründung ab, ihr Geschäftsmodell - die Errichtung mehrerer 4-Sterne Hotels - ua mit dem vorausbezahlten Gesamtentgelt finanziert zu haben. Cordial gestand jedoch im Laufe des Verfahrens zu, dass die Ehegatten das Vertragsverhältnis nach 15 Jahren kündigen können.

OGH urteilt überraschend und wendet die vom EuGH in ständiger Rechtssprechung als unzulässig erklärte geltungserhaltende Reduktion an

Nachdem sowohl das Erstgericht wie auch das Berufungsgericht dem Standpunkt der KonsumentInnen folgten, gab der Oberste Gerichtshof der Revision der Beklagten Folge und wies das Zahlungsbegehren der KonsumentenInnen ab.

Ab welcher Vertragsdauer VerbraucherInnen einen Beherbungsvertrag ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes ordentlich kündigen können, hänge vom Ergebnis einer Interessenabwägung ab, so der OGH. Da den Ehegatten eine große Flexibilität bei der Gestaltung des Urlaubs ermöglicht werde und sie außer Betriebskosten keine laufenden Zahlungen mehr leisten müssten, spreche unter Berücksichtigung der Interessen des Unternehmens an einer langfristigen Finanzplanung nichts gegen eine Vertragsbindung von 15 Jahren.

Würde ein wichtiger Grund für die Vertragsbeendigung vorliegen, bestehe ohnedies die Möglichkeit der vorzeitigen Vertragsauflösung. Einen solchen hätte das Ehepaar nicht geltend gemacht haben, eine ordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund komme somit frühestens nach 15-jähriger Vertragsdauer in Betracht.

Rechtlich fragwürdig

Der OGH beruft sich bei der Entscheidung auf eine Ausnahmebestimmung in der Klausel-Richtlinie und stellt fest, dass die Klausel über die Vertragsdauer unstrittig transparent abgefasst wäre. Dies steht allerdings im Widerspruch zur sonstigen Judikatur des OGH zum Transparenzgebot.
Die gegenständliche Klausel ist zwar hinsichtlich ihrer formalen Textverständlichkeit tatsächlich unstrittig klar und verständlich abgefasst.
Der OGH hat sich aber bislang nie mit einer formalen Textverständlichkeit begnügt, sondern stets und vor allem auch solche Klauseln als intransparent angesehen, die die tatsächliche Rechts- und Pflichtenlage unklar oder falsch darstellen:

"Von solchen Klauseln gehe nämlich die mit dem Transparenzgebot unvereinbare Gefahr aus, dass rechtsunkundige VerbraucherInnen durch sie bei der Vertragsabwicklung von der Verfolgung ihrer Rechte abgehalten werden oder ihnen unberechtigt Pflichten auferlegt werden."

Davon ausgehend ist die gegenständliche Klausel evident intransparent, weil in ihr ein
30-jähriger Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts vorgesehen ist, obwohl
die tatsächlich wirksame Vertragsbindung nur 15 Jahre beträgt.

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