Lackschaden am Neuwagen begründet Gewährleistungspflicht des Händlers

OGH entscheidet zugunsten der Käuferin

Die Gewährleistung ist ein Rechtsbehelf, der es KäuferInnen von Waren (oder auch AuftraggeberInnen von Dienstleistungen) ermöglicht, schadhafte Waren (oder unzureichende Dienstleistungen) beheben zu lassen sofern der Mangel schon bei Übergabe vorhanden war.

Die Behebung ist kostenlos und kann auf mehrere Arten durchgeführt werden:

  1. Verbesserung durch Austausch oder Reparatur
  2. Preisminderung oder
  3. Rückabwicklung

In der Praxis scheitert die Gewährleistung oft an der Beweisfrage, wobei in den ersten 6 Monaten eine Beweislastumkehr gilt, dh. das Unternehmen muss beweisen, dass die Ware oder Dienstleitung nicht schon bei Übergabe mangelhaft war.

Nur selten hat sich der OGH mit Gewährleistungsproblemen zu beschäftigen, da meist der zu geringe Streitwert eine Befassung des Oberstgerichtes verhindert. Vor kurzem musste er sich jedoch mit der Frage auseinandersetzen was bei einem KFZ-Kauf als Mangel gilt.

Definition Mangel

Ein Mangel im Rahmen der Gewährleistung liegt vor, wenn eine Sache zum Zeitpunkt der Übergabe nicht die gewöhnlich vorausgesetzten oder ausdrücklich vereinbarten Eigenschaften aufweist. Ein Mangel liegt also nicht nur dann vor, wenn die Sache im klassischen Sinn defekt ist, sondern auch wenn gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften fehlen - was also dürfen KonsumentInnen gewöhnlicherweise von einer Sache erwarten? 

Vogelkot als corpus delicti

Im konkreten Fall hatte sich eine Konsumentin 2013 einen Neuwagen gekauft. Bereits 2 Wochen nach dem Kauf traten am Lack Verätzungen verursacht durch Vogelkot auf und das obwohl die Konsumentin diesen immer sofort entfernte.

Grund für die Lackschäden ist, dass seit dem Jahr 2010 aus Gründen des Umweltschutzes nur mehr lösungsmittelfreie Fahrzeuglacke in geringerer Schichtstärke verwendet werden, die weniger widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse sind als die früher verwendeten.

Der Händler lehnte daher die Übernahme der Kosten für die Behebung der Lackschäden ab. Klagsweise begehrte die Konsumentin Wandlung, also die Rückabwicklung des Vertrags.

Vorinstanzen

Das Erstgericht gab der Klage zum überwiegenden Teil statt mit der Begründung, dass der Händler die Konsumentin über eine verringerte Umweltbeständigkeit des Lacks aufklären hätte müssen. Die zweite Instanz entschied komplett anders und sah keine Aufklärungspflicht des Händlers gegeben. Die geänderte Zusammensetzung des Lacks habe der Ö-NORM entsprochen.

"Zwar habe die Beklagte mit dem besonders hochwertigen Lackierungsverfahren des Herstellers geworben, deswegen könne ein verständiger Käufer aber nicht annehmen, dass es niemals zu Lackschäden durch ätzende Verschmutzungen wie Vogelkot kommen könnte.", so das Berufungsgericht

Und der Oberste Gerichtshof?

Der OGH gab der Konsumentin Recht und begründete dies damit, dass es im vorliegenden Fall "nicht um eine überzogene Käufererwartung gehe, dass ätzende Verschmutzungen den Lack überhaupt nie beschädigen könnten, sondern um die berechtigte Erwartung, dass es nicht praktisch unabwendbar schon in kürzester Zeit zu solchen Beschädigungen kommt. [...] ein Lackmangel, der nicht nur eine optische Beeinträchtigung bewirkt, sondern bereits nach drei bis vier Jahren zu Roststellen und insgesamt zu einer verkürzten Nutzungsdauer führt, könne nicht mehr als geringfügig angesehen werden .

Selbst wenn - was nicht fest steht - beim Klagsfahrzeug ein Auspolieren der Flecken technisch noch möglich wäre, könnte damit kein auf Dauer befriedigender Zustand hergestellt werden, weil beim nächsten Kontakt mit Vogelkot wieder mit Beschädigungen zu rechnen wäre.", so der OGH in seinem Urteil. Da weder Verbesserung noch Austausch möglich sind, bestätigte der OGH die Rückabwicklung des Vertrags. Da die Konsumentin 12000km gefahren war, wurde dieser "Gebrauchsvorteil" vom ursprünglichen Kaufpreis abgezogen.

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