Konsumentenfreundliches Urteil zu Online-Dating Portal

Was kann man tun, wenn sich der Schnuppervertrag automatisch in einen teuren regulären Vertrag verwandelt?

Ein für KonsumentInnen erfreuliches und mittlerweile auch rechtkräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Wien gegen die Online-Datingportale www.daily-date.at und www.dateformore.at liegt vor: Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Ideo Labs GmbH, die KundInnen eine 14tägige Testmitgliedschaft um EUR 1,-- angeboten hatte. Diese Testmitgliedschaft wurde mit Hinweis auf die AGB automatisch in eine sechsmonatige Mitgliedschaft um EUR 89,90 monatlich umgewandelt, wenn nicht fristgerecht gekündigt wurde.

Irreführende Ankündigung der Schnuppermitgliedschaft

Der VKI griff diese Geschäftspraktik aus mehreren Gründen erfolgreich an. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht argumentierte er, dass durch Ankündigungen wie

  • „Jetzt 14 Tage testen -
  • Nur für kurze Zeit verfügbar -
  • 14 Tage Schnuppermitgliedschaft für nur 1 EURO"

der Eindruck erweckt wurde, es werde eine Mitgliedschaft für einen begrenzten Zeitraum zu einem geringen Preis angeboten. Das stimmt aber nicht, weil die KundInnen, die dieses Angebot angenommen hatten, tatsächlich für eine länger dauernde Mitgliedschaft zu einem höheren Preis verpflichtet wurden.

Rücktritt möglich?

Ebenso interessant war aber die Frage, ob KonsumentInnen ein Rücktrittsrecht zusteht.  grundsätzlich  können Konsumentinnen von einem Fernabsatzvertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten. Es gibt aber auch Ausnahmen von diesem Rücktrittsrecht. So gibt es zB. kein Rücktrittsrecht bei einem Vertrag über eine Dienstleistung, wenn das Unternehmen auf Grundlage eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers oder der Verbraucherin noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hatte.

Liegt ein ausdrückliches Verlangen der KonsumentInnen vor?

In den AGB des Dating-Portals findet sich tatsächlich die Klausel „Ich wünsche ausdrücklich, dass der Anbieter sofort nach dem Kauf ohne Verzögerung mit der Bereitstellung der digitalen Inhalte vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Mir ist bekannt, dass ich durch diese Zustimmung mit Bereitstellung der digitalen Inhalte mein Widerrufsrecht verliere."

Das OLG Wien war der Ansicht, dass die Frage nach dem Rücktritt bzw. die Frage, ob eine Ausnahme vom Rücktrittsrecht vorliege, bei beiden Verträgen gesondert geprüft werden müsse. 

Dabei kommt das OLG zur Entscheidung, dass es beim Nachfolgevertrag jedenfalls am ausdrücklichen Verlangen des Verbrauchers oder der Verbraucherin zur vorzeitigen Erfüllung fehle. Daher bestehe keine Ausnahme vom Rücktrittsrecht, sodass den VerbraucherInnen hinsichtlich des regulären Vertrags das Rücktrittsrecht zukommt.

Beim Schnuppervertrag war die Frage entscheidend, ob die automatische Verlängerung wirksam war. Nachdem bei der entsprechenden Klausel in den AGB Hinweispflicht des Unternehmens auf die Folgen einer nicht rechtzeitigen Kündigung fehlte, ist die Klausel nicht gesetzmäßig und die Verlängerung damit unzulässig.

Was bedeutet das für KonsumentInnen?

Für KonsumentInnen gibt es zwei denkbare Szenarien:

  • Die, die von einer automatischen Vertragsverlängerung des Schnupperabos in die sechsmonatige Premiummitgliedschaft betroffen waren, können das vom Unternehmen für den Verlängerungszeitraum bereits eingezogene Entgelt zurückfordern.
  • Hat man die Dienste auch in der sechsmonatige Premiummitgliedschaft genutzt, so kann man vom Vertrag zurücktreten (aufgrund der unrichtigen Belehrung über das Rücktrittsrecht verlängert sich die Frist auf 1 Jahr und 14 Tage). Die Ideo Labs GmbH kann aber für die Nutzung ein anteiliges Entgelt fordern; wie viel das sein kann, lässt sich pauschal nicht sagen. Das muss im Einzelfall geprüft werden.

Die Rechtsabteilung des VKI stellt auf seiner Website www.verbraucherrecht.at sowohl das Urteil im Volltext wie auch einen Musterbrief für betroffene KonsumentInnen zu Verfügung. Diesen Musterbrief finden Sie auch unten im Anhang.


Musterbrief des VKI

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