Etappensieg im Kampf gegen unfaire Amazon-Vertragsbedingungen

Elf rechtswidrige AGB-Klauseln – Hält die Entscheidung des Handelsgerichts?

Mit einer vom Sozialministerium in Auftrag gegebenen Unterlassungsklage will der Verein für Konsumenteninformation (VKI) erreichen, dass der Amazon EU S.à.r.l. (Société à responsabilité limitée steht für Gesellschaft mit beschränkter Haftung) untersagt wird, ihren Geschäften mit österreichischen VerbraucherInnen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zugrunde zu legen, die aus Sicht der VerbraucherschützerInnen in vielen Punkten rechtswidrig sind. Nachdem das Handelsgericht Wien bereits 2014 elf der zwölf vom VKI beanstandeten AGB-Klauseln für unzulässig befunden hatte, muss nun der Oberste Gerichtshof (OGH) als Instanzgericht in der Sache entscheiden.

Vom OGH zum EuGH – Höchstgericht musste Auslegungsfragen des EU-Rechts dem EuGH vorlegen

Zentrale Frage und aktuell Gegenstand eines vom OGH eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist, nach welcher Rechtsordnung die Rechtswidrigkeit der Klauseln zu beurteilen ist: Die VerbraucherschützerInnen vertreten die Ansicht, dass aufgrund zwingenden österreichischen und europäischen Verbraucherrechts österreichisches Recht zur Anwendung kommen muss. Demgegenüber stützt Amazon den gegenteiligen Standpunkt auf eine - vom VKI bekämpfte - in den AGB enthaltene Rechtswahlklausel, mit der die Geltung luxemburgischen Rechts vereinbart werden soll.

Schlussanträge des Generalanwalts stärken die Position des VKI

Der in der Sache zuständige Generalanwalt des EuGH, der den Gerichtshof bei seiner Entscheidung unterstützt, hat nun die sogenannten Schlussanträge vorgelegt - ein unparteiisches Rechtsgutachten, das mit einem konkreten Entscheidungsvorschlag verbunden, für den Gerichtshof jedoch nicht verbindlich ist. Dem VKI folgend kommt der Generalanwalt zu dem Ergebnis, dass sich nach europäischem Recht die Beurteilung der Rechtswidrigkeit von Klauseln, die Gegenstand einer Unterlassungsklage eines Verbraucherverbands sind, unabhängig von einer Rechtswahl allein nach österreichischem Recht richtet.

Darüber hinaus sind nach Auffassung des Generalanwalts in AGB enthaltene Rechtswahlklauseln als missbräuchlich anzusehen, wenn sie bei VerbraucherInnen den falschen Eindruck erwecken, dass auf einen Vertrag allein das gewählte Recht anwendbar sei. Nach zwingendem europäischem Verbraucherschutzrecht darf nämlich eine Rechtswahl nicht dazu führen, dass VerbraucherInnen der ihnen vom Recht ihres Aufenthaltsstaats gewährte Schutz entzogen wird. Dem Generalanwalt zufolge müssen daher Rechtswahlklauseln VerbraucherInnen darüber informieren, dass sie sich auch auf zwingende Verbraucherschutzvorschriften ihres Aufenthaltsstaats berufen können.

Es bleibt spannend

Ob österreichische VerbraucherInnen durch die Amazon-Rechtswahlklausel hinsichtlich des Inhalts ihrer Rechte auf die beschriebene Weise in die Irre geführt werden und die Rechtswahl daher unzulässig ist sowie über die Zulässigkeit der übrigen vom VKI beanstandeten Klauseln (die unter anderem Rücktrittsrechte, Datenübermittlung und Verzugszinsen betreffen) hat der OGH zu entscheiden; allerdings erst nach Vorliegen der endgültigen Entscheidung des EuGH über das anwendbare Recht. Zunächst bleibt also abzuwarten, inwieweit der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts folgen wird.

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