Zustimmungsfiktionsklausel erneut auf dem Prüfstand

Eine Bank möchte ein höheres Entgelt oder Zusatzentgelt für bestimmte Leistungen, der Fitnessstudiobetreiber oder Energielieferanten versuchen, KundInnen zur Verlängerung ihres Jahresvertrages zu bewegen. Unternehmen zahlreicher Branchen haben Interesse, Verträge ohne Zutun der KonsumentInnen zu verlängern bzw langfristige Verträge mit Konsumentinnen den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Mit der sogenannten Erklärungs- oder Zustimmungsfiktion in ihren Verträgen, meistens in den AGB, setzen Unternehmen immer wieder auf die schweigende Zustimmung ihrer KundInnen. Nicht immer zu Recht.

Erklärungs - oder Zustimmungsfiktion – was bedeutet das?

Hinter dem juristischen Fachbegriff verbirgt sich nichts anderes als die stillschweigende Zustimmung zu den vom Unternehmen gewünschten vertraglichen Änderungen. Erfolgt bis zu einem angegebenen Datum keine schriftlichen Reaktion beziehungsweise kein Einspruch, sind sie genauso gültig, als hätte der/der KundIn sie mit seiner/ihrer Unterschrift akzeptiert. Grundsätzlich sind Änderungen durch eine sogenannte „Zustimmungs-„ bzw. „Erklärungsfiktion" nach dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG) möglich, wenn VerbraucherInnen rechtzeitig auf die Bedeutung ihres Verhaltens besonders hingewiesen werden und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessen Frist gesetzt bekommen haben. Diese Vorgehensweise muss aber zuvor auch vertraglich (in den AGB) vereinbart worden sein und gilt - wie nun auch der OGH bestätigt - nicht uneingeschränkt.

OGH Judikatur seit 2013

Da sich VerbraucherInnen erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten häufig nicht auseinandersetzen, kommt eine vertragliche Zustimmungsfiktion in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts in der Praxis einer einseitigen Änderungsbefugnis des Unternehmers gleich. Wie weit diese gehen darf, hat der OGH bereits 2013 richtungsweisend entschieden: nicht jede Vertragsanpassung bzw. -änderung in Form einer in AGB vereinbarten Zustimmungsfiktion ist als unzulässig anzusehen, sondern nur eine völlig uneingeschränkte. Als intransparent ist eine Klausel jedenfalls dann zu erachten, wenn sie vertragliche Änderungen der Hauptleistung zugunsten der Bank über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zulässt.

Aktuelle Entscheidung des OGH

Die Unternehmen haben aufgrund dieser grundlegenden OGH-Entscheidung 2013 die Klauseln entsprechend geändert. In einem kürzlich beendeten Verbandsverfahren der Bundesarbeiterkammer gegen ein Kreditinstitut war ua eine geänderteZustimmungsfiktionsklausel Gegenstand eines Verfahrens vor dem OGH. Die neue Klausel sah folgende Formulierung vor: „...unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und
aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen des Personal- oder
Sachaufwands)...
".

Dieser Formulierung erteilte der OGH eine Absage: die Klausel enthielte in Wirklichkeit weiterhin eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion, der Verweis auf "sachlich gerechtfertigte" Umstände ist als intransparent anzusehen. Der Inhalt und die Tragweite der Klausel bleibt demnach in ihren Auswirkungen nicht durchschaubar. Die Klausel vermittelt dem Kunden ein unklares Bild über seine Rechte und Pflichten und ist daher als intransparent im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes einzustufen.

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