Keine Verpflichtung von Online-Händler telefonischen Kontakt zu ermöglichen

Verhältnismäßigkeit zwischen Verbraucherschutz und Wettbewerbsfähigkeit muss gewahrt sein

Wer hat sich nicht schon mal darüber geärgert? Zu einer getätigten Onlinebestellung poppt ein Problem auf und dieses möchte man auf kurzem Weg, am besten telefonisch, lösen. Begibt man sich auf der Homepage des Unternehmens auf die Suche nach einer telefonischen Kontaktmöglichkeit, findet man keine und wird auf andere Lösungswege verwiesen.

Vorgeschlagen werden beispielsweise FAQs oder eine Online-Chatmöglichkeit mit einer Mitarbeiterin oder mit einem Mitarbeiter. Das mögen durchaus auch taugliche Mittel zur Problemlösung sein, aber subjektiv wähnt man sich der Lösung um ein Stück näher, wenn der persönliche Kontakt gegeben ist.
Dennoch wird man sich mit den Alternativen anfreunden müssen, denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Mitte Juli entschieden, dass Online-Händler nicht verpflichtet sind, ihren KundInnen immer eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen, solange sie Kommunikationsmittel bereitstellen, über die VerbraucherInnen schnell und effizient mit ihnen Kontakt aufnehmen können.


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Nach der Verbraucherrechte-RL sind Unternehmen verpflichtet "gegebenenfalls" Telefonnummer, Faxnummer und E-Mailadresse auf ihrer Website anzuführen. Zu klären war unter anderem, was mit „gegebenenfalls" gemeint war:

  • ob Unternehmen schon immer dann verpflichtet sind, über eine Telefon- oder Faxnummer zu informieren, wenn sie eine solche haben oder nur dann, wenn sie eine Telefon- oder Faxnummer speziell für den Kontakt mit VerbraucherInnen verwenden und
  • ob die Kommunikationsmittel, die in der Richtlinie aufgezählt sind, abschließend sind oder ob auch Kommunikationsmittel (wie Chats oder Rückrufsysteme) verwendet werden dürfen, die nicht in der Richtlinie aufgezählt werden.

Hohes Maß an Verbraucherschutz versus Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens

Der EuGH wies in seiner Entscheidung auf die Zielsetzung der Richtlinie hin: Ziel sei die Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus durch schnelle und effiziente Möglichkeiten für VerbraucherInnen zur Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen. Aber vor dem Hintergrund, ein Gleichgewicht zwischen einem hohen Maß an Verbraucherschutz und der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu schaffen, erschien dem EuGH die Verpflichtung stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen oder einen Telefon- oder Faxanschluss oder eine E-Mail-Adresse eigens einzurichten, unverhältnismäßig.

Im Ergebnis ist nach dem EuGH eine Telefonnummer nur dann verpflichtend anzugeben, wenn das Unternehmen über eine solche verfügt und diese auch zur Kommunikation mit VerbraucherInnen einsetzt. Der EuGH stellte ebenso klar, dass das Unternehmen auch andere Kommunikationsmittel als Telefon, Fax oder E-Mail zur Verfügung stellen kann, um die Kriterien einer direkten und effizienten Kommunikation zu erfüllen.

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