Für alle Pauschalreisenden – ein Urteil des Obersten Gerichtshofs

Auswahl des Hotels durch die Fluglinie ist dem Reiseveranstalter zuzurechnen

Eine Konsumentin buchte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Der Rückflug wurde annulliert. Die Fluggesellschaft buchte daher einen Ersatzflug für den nächsten Tag und organisierte eine Übernachtung in einem Hotel. Die auf einen Rollstuhl angewiesene Konsumentin stürzte beim Spazierengehen im Nahebereich des Hotels und verletzte sich schwer.

Wer ist zur Verantwortung zu ziehen?

Es stellte sich die Frage, ob der Reiseveranstalter für schuldhaft und mangelhaft erbrachte Betreuungsleistungen einzustehen hat, die das ausführende Luftfahrtunternehmen im Sinne der Fluggastrechteverordnung durch einen Hotelanbieter erbringt.

Das Erstgericht wies ab. Das der Konsumentin von der Fluglinie zur Verfügung gestellte Hotel sei dem Reiseveranstalter nicht zuzurechnen.

Das Berufungsgericht sah das anders. Das ausführende Luftfahrtunternehmen habe mit der Erbringung der Betreuungsleistung im Sinne der Fluggastrechte-VO „den vertraglichen Pflichtenkreis des beklagten Reiseveranstalters" nicht verlassen. Das Luftfahrtunternehmen handle als Erfüllungsgehilfe. 

OGH bejaht Haftung des Reiseveranstalters

Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte die Rechtsansicht des Berufungsgerichts. 

Bei einer Pauschalreise können Nichtbeförderung (Überbuchung), Annullierung und Abflugverspätung einen Reisemangel darstellen, der zu Minderungs- und Schadenersatzansprüchen berechtigt. Nach der einschlägigen Bestimmung im Konsumentenschutzgesetz hat der Reiseveranstalter am Urlaubsort alle erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Reisenden die ordnungsgemäße Erfüllung der Reiseleistung zu ermöglichen. Daraus ist nach Ansicht des OGH abzuleiten, dass der Reiseveranstalter, der den Rückflug zum vereinbarten Zeitpunkt nicht erbringt, weil die Fluglinie den Flug annulliert, nicht nur dazu verpflichtet ist, den Reisenden möglichst bald mit einem Ersatzflug an sein Ziel zu befördern, sondern - als „angemessene Vorkehrung" - dem Reisenden auch ein Hotel zur Übernachtung bis zum neuen Rückflug zur Verfügung stellen muss.

Auch wenn das Luftfahrtunternehmen nach der Fluggastrechte-VO verpflichtet ist, den betroffenen Fluggästen Unterstützungsleistungen (Organisation eines Rückflugs, der Hotelunterbringung und der Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung anzubieten, übernimmt er aus der Sicht des OGH Leistungen, die eigentlich der Reiseveranstalter bei Schlechterfüllung zu leisten hat. Daher sei diesem auch die Auswahl des Hotels zuzurechnen. 

Das Urteil im Volltext können Sie hier nachlesen. 

Anmerkung zur neuen Rechtslage

Der vorliegende Fall war noch nach alter Rechtslage zu beurteilen. Im neuen, auf ab dem 1. 7. 2018 geschlossene Pauschalreiseverträge anzuwendenden Pauschalreisegesetz ist diese Verpflichtung des Reiseveranstalters ausdrücklich geregelt: „Ist die im Pauschalreisevertrag vereinbarte Rückbeförderung des Reisenden aufgrund unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände nicht möglich, so hat der Reiseveranstalter die Kosten für die notwendige Unterbringung des Reisenden, nach Möglichkeit in einer gleichwertigen Kategorie, für einen Zeitraum von höchstens drei Nächten zu tragen."

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