Europäische Initiative für einen Lieferkettenrechtsakt

veröffentlicht am 07.03.2022

Europäische Kommission legt Richtlinienvorschlag für eine gerechte und nachhaltige Wirtschaft vor

Leder-Gerberei in Marokko , ©  Johannes Pokorn on Unsplash
Unternehmerische Verantwortung ist seit Jahren ein Thema. Produktionsprozesse sollen in der gesamten Lieferkette fair und nachhaltig sein, was jedenfalls menschenrechtskonforme Arbeitsbedingungen notwendig macht. Bereits 2019 und 2020 hat die SPÖ dazu einen Sozialverantwortungsgesetzesentwurf in den Nationalrat eingebracht, der jedoch bislang nicht weiterverfolgt wurde. Den Entwurf können Sie hier nachlesen 579/A (XXVII. GP) - Sozialverantwortungsgesetz – SZVG | Parlament Österreich.

Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission für unternehmerische Sorgfaltspflichten:

Jetzt wurde die Europäische Kommission aktiv und hat am 23.2.2022 einen Richtlinienvorschlag über unternehmerische Nachhaltigkeitspflichten vorgelegt. Dieser war bereits seit längerem angekündigt.

Eckpunkte des EU-Vorschlags:

Ziel der Richtlinie ist es, dass Unternehmen in der gesamten Wertschöpfungskette (das heißt über alle Produktionsprozesse hinweg) die Nachhaltigkeit – und diese bezieht sich sowohl auf Menschenrechte als auch auf die Umwelt – in ihre Entscheidungsprozesse miteinbeziehen und somit zu einer fairen und nachhaltigen Welt beitragen. Kinderarbeit, Ausbeutung von Arbeiternehmer:innen, Umweltverschmutzung, Reduktion der Artenvielfalt – all das soll durch unternehmerische Sorgfaltspflichten in Wirtschaftsprozessen keinen Platz mehr haben. Damit soll auch den Erwartungen der Verbraucher:innen Rechnung getragen werden.

  • Unternehmen haben Sorgfaltspflichten:

Unternehmen müssen nach dem Vorschlag in ihrer internen Unternehmensstrategie entsprechend sicherstellen, dass negative Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt entdeckt und abgestellt oder weitestmöglich reduziert werden. Aber auch nur eventuelle Auswirkungen sollen vermieden werden. Weiters sind Beschwerde- und Kontrollsysteme einzuführen, die die Wirksamkeit der Maßnahmen sicherstellen. Die Kommission hat schließlich auch eigene Aktivitäten im Vorschlag verankert, die Unternehmen bei der Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten unterstützen sollen.

  • Welche Unternehmen müssen die Verpflichtungen einhalten?

Dies ist ein vielfach kritisierter Umstand: zunächst treffen die Sorgfaltspflichten nur sehr große Unternehmen (500 Mitarbeiter:innen und jährlicher Nettoumsatz von 150 Millionen Euro).

Unternehmen, die mindestens 250 Mitarbeiter:innen und einen jährlichen Nettoumsatz von mindestens 40 Millionen Euro haben, sind nur in bestimmten Sektoren verpflichtet, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Es sind dies Sektoren, die besonders anfällig für menschenrechtswidrige oder umweltschädigende Produktionsweisen sind:

  • Textilien,
  • Leder,
  • Land- und Forstwirtschaft/Fischfang/Lebensmittelproduktion, Großhandel mit Lebensmittelrohstoffen, lebenden Tieren, Holz
  • Gewinnung von Mineralstoffen (Gas, Öl, Metalle, Kohle uä)

 Dasselbe gilt für Unternehmen, die außerhalb der EU angesiedelt sind und innerhalb der EU Handel treiben.

  • Haftung:

Unternehmen trifft eine zivilrechtliche Haftung, wenn sie die Sorgfaltspflichten der Richtlinie verletzen und dadurch ein Schaden entstanden ist.

  • Berichtspflichten:

Unternehmen müssen jährlich auf ihrer Website über alle Umstände im Zusammenhang mit ihre Verpflichtungen berichten.

Erste Diskussion im österreichischen Parlament:

In Österreich wurde der EU-Vorschlag bereits in einer aktuellen Europastunde im Parlament diskutiert und jedenfalls in seiner Zielsetzung allgemein unterstützt. Freilich war seitens der Wirtschaft auch die Praktikabilität der Regelungen ein Thema, während er anderen Abgeordneten nicht weit genug ging. Näheres können Sie hier nachlesen: Lieferkettengesetz: Nationalrat diskutiert EU-Vorschlag (PK-Nr. 162/2022) | Parlament Österreich

 Es ist erfreulich, dass nun ein konkreter Vorschlag vorliegt, über den die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament nun zu verhandeln haben. Wir hoffen, dass die Verhandlungen rasch voranschreiten, damit den schon so lange beklagten Missständen wirksam Abhilfe geschaffen werden kann.

Den Pressemitteilung der Europäischen Kommission und den vorerst nur in englischer Sprache vorliegenden Richtlinienvorschlag finden Sie hier: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_1145  

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