EuGH zu Beweislast bei ungeprüften gesundheitsbezogenen Angaben

veröffentlicht am 01.10.2020

Bei noch nicht zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben trägt das Lebensmittelunternehmen die Beweislast dafür, dass diese mit den Anforderungen der Health Claims-Verordnung übereinstimmen.

Tasse Tee gemacht aus Kräutern, © Photo by Lisa Hobbs on Unsplash
Wir alle kennen Lebensmittelprodukte, die uns mit Aufschriften wie „ohne Zuckerzusatz“, „fettfrei“ oder „leicht“ das Gefühl vermitteln, wir würden uns besonders gesund ernähren und unserem Körper etwas Gutes tun. Die so genannte Health-Claims-Verordnung (HCVO) sorgt dafür, dass Unternehmen zwecks Wettbewerbsvorteil und Absatzförderung solche Angaben nicht beliebig verwenden dürfen. In der EU-Verordnung ist festgelegt, wann und wie solche nährwert- bzw. gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmitteln gemacht werden dürfen.

Gesundheitsbezogene Angaben

Gesundheitsbezogene Angaben auf den Etiketten von und in der Werbung für Lebensmittel wie z.B.  „Kalzium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt“ dürfen grundsätzlich nur verwendet werden, wenn sie in der sogenannten Artikel-13-Liste der zugelassenen Angaben ( = Teil der HCVO) aufgenommen wurden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die für die Prüfung zuständig ist, hat aktuell europaweit 222 gesundheitsbezogene Angaben zugelassen.

Ausnahme von der Regel

Die Health-Claims-Verordnung enthält aber eine Sonderregelung, nach der gesundheitsbezogene Angaben bis zur Aufnahme in die Artikel-13-Liste unter der Verantwortung des Lebensmittelunternehmens verwendet werden dürfen, sofern die Angaben den Anforderungen der HCVO und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen. In einem schwedischen Vorabentscheidungsverfahren wurde der Europäische Gerichtshof (EuGH) befragt, wer zu beweisen hat, ob die im Einzelfall relevante und nicht zugelassene gesundheitsbezogene Angabe mit den Anforderungen der HCVO übereinstimmt und welche Nachweise dafür zu erbringen sind.

Beweislast liegt beim Lebensmittelunternehmen

In seinem Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Beweislast für die Übereinstimmung mit den Anforderungen der HCVO beim Lebensmittelunternehmen liegt.

Zwar muss das Lebensmittelunternehmen keine eigenen wissenschaftlichen Studien erbringen, muss aber anhand allgemein anerkannter, wissenschaftlicher Nachweise belegen können, dass das Vorhandensein des Nährstoffs oder der anderen Substanz, auf die sich die jeweilige Angabe bezieht, eine positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung hat. Aus den Nachweisen muss sich ergeben, dass eine objektive, wissenschaftliche Grundlage besteht und in der Wissenschaft eine ausreichende Einigkeit über die positive Wirkung der Stoffe besteht.

Das Urteil dürfte insbesondere im Bereich der Botanicals bedeutsam sein, da eine Vielzahl an Health-Claims zu Pflanzen und Pflanzenstoffen nicht abschließend bewertet wurde und schon mehrere Jahre auf eine Zulassung wartet. 

EuGH C-363/19

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