Pfandleihe - ein teurer Kurzkredit

veröffentlicht am 06.05.2020

Auch wenn derzeit viele Menschen aufgrund von Einkommenseinbußen einen finanziellen Engpass haben, sind Empfehlungen, sich für kurzfristige Finanzierungen an Pfandleiher zu wenden, mit großer Vorsicht zu genießen. In der Regel handelt es sich um sehr teure Kurzkredite. 

Das Gewerbe der Pfandleihe hat etwas Altmodisches und Verstaubtes und hat - so der subjektive Eindruck - wenig mit dem modernen Banken- und Wirtschaftsleben zu tun. Vielleicht ist es gerade das verstaubte Image des „Pfandl“, wie es in Österreich verniedlicht genannt wird, das letztlich zur irreführenden Meinung führt, es handle sich bei der Pfandleihe um eine kostengünstige Möglichkeit, rasch, unbürokratisch und diskret zu Bargeld zu kommen.

Prinzip der Pfandleihe

Konsumentinnen und Konsumenten, die schnell Bargeld brauchen, übergeben (verpfänden) der Pfandleihe als Sicherstellung ein (bewegliches) Faustpfand. Die klassischen Pfandleihanstalten nehmen dabei alle beweglichen und schätzbaren Wertgegenstände, z.B. Schmuckstücke, Münzen, Briefmarkensammlungen, Edelsteine, wertvolle Uhren, Silberbesteck oder teure TV-Geräte. Aber auch verpfändbare Werte wie Lebensversicherungen, Pensionsversicherungen oder auch langfristig gebundene Sparbücher werden als Pfand genommen.

Die Laufzeiten solcher Kredite sind zumeist zwischen einem und drei Monaten. Wird der Kredit nicht zum vereinbarten Zeitpunkt zurückgezahlt, hat der Pfandleiher die Möglichkeit, das Pfand zu verwerten (= zumeist zu verkaufen).

Gegenstand von Verfahren

Vor allem die hohen Kosten, aber auch  intransparente Zinsgestaltung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Pfandleihern war in der Vergangeneheit Gegenstand von Verbandsklagen, die der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführt hat. 

So wurde zB. festgestellt, dass die Verpfändung von Autos in aller Regel den Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes unterliegt, was die Pfandleiher zum Hinweis auf den effektiven Jahreszinnssatz verpflichtet. Der kann dann schon um die 90 %(!) liegen.

Bei anderen Pfandgegenständen werden die Zinsen nicht wie üblich in Prozenten, sondern oft in absoluten Beträgen und nur für die Dauer von 30 Tagen ausgewiesen. Bei Krediten müssen die Zinsen aber als Jahreszinssatz ausgewiesen werden. Durch die unterschiedliche Darstellung bei Pfandleihgeschäften wird für Verbraucherinnen und Verbraucher die Vergleichbarkeit mit anderen Kreditalternativen erheblich erschwert.   

Pfandleihe in Corona-Zeiten

Pfandleihanstalten mussten Mitte März ihre Geschäfte schließen. Die meisten konnten nach Ostern ihre Geschäftsräume wieder öffnen. Das Dorotheum hat in der Zwischenzeit ein Online-Pfandleih-Service kreiert: Schmuck, Gold, Münzen oder Uhren können mit der Post ans Dorotheum verschickt werden. Das Darlehen wird, so ein entsprechender Wert vorhanden und festgestellt ist, dann auf das Konto überwiesen.   

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat sich das Onlinemodell des Dorotheum angeschaut und folgende Berechnung inklusive Versandkosten durchgeführt:

Jahreszinssätze von 35 bis 61 Prozent

Quelle: AK Oberösterreich

Berechnungs­beispiel: Uhr mit 500 EUR Belehnungs­wert

  • Neben dem versicherten Versand des Pfands (im Beispiel der Uhr ca. 10 EUR) fallen am Ende der Laufzeit Spesen für die Ausstellung aller Pfand­scheine, Zinsen und Manipulations­gebühren an. Diese hängen von der Dauer der Pfandleihe ab. Diese sind bei Auslösung des Pfands zu begleichen.

  • Die Zinsen und Mani­pulations­gebühren werden jeweils in Halb­monats­zinssätzen angegeben und bewegen sich zwischen 0,5 und 1 Prozent. In Summe ergibt sich für das Dorotheum ein Jahres­zinssatz von 34,73 Prozent!

  • In unserem Beispiel verrechnet das Dorotheum insgesamt einen Betrag von 42,88 Euro (jeweils ohne Berück­sichtigung der Postgebühr).

  • Der tatsächlich zur Verfügung stehende Betrag bei Verpfändung von 3 Monaten beträgt beim Dorotheum somit 447,12 Euro, bei der eBörse 396,92 Euro (unter Berücksichtigung aller mit der Verpfändung anfallenden Belastungen).

Kontoüberziehung ist billiger

Somit kann eine üblicherweise auch teure Konto­überziehung innerhalb des Konto­rahmens immer noch billiger sein als die Pfandleihe, ist die Schlussfolgerung der AK OÖ.  Bei Kontoüberziehungen wird ein Jahres­zinssatz zwischen 6,5 Prozent und 13,25 Prozent verrechnet, außerhalb des Rahmens bis zu 18,15 Prozent. Im oben angeführten Beispiel mit 500 EUR kostet die Überziehung für 3 Monate zwischen 8,13 und 16,56 EUR, außerhalb des Kontorahmens bis zu 22,69 EUR. Darüber hinaus fallen hier auch keine Post­gebühren an.

Quelle: AK Oberösterreich


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