Im Zeichen des Klimaschutzes: was bringt die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes für Verbraucher:innen?

veröffentlicht am 31.12.2021

Die Anbringung von Lademöglichkeiten für Elektro-Fahrzeuge in Garagen, die Errichtung von Einzel-Photovoltaikanlagen und von Beschattungsvorrichtungen waren bisher rechtlich nicht so einfach umsetzbar. Das soll sich mit der Wohnungseigentumsgesetz (WEG)-Novelle 2022 ändern.

Erleichterung von Änderungen an Wohnungen durch Schweigen als Zustimmung

Grundsätzlich haben Wohnungseigentümer:innen, die Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt vornehmen möchten, die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer:innen einzuholen. Die Novelle sieht nun für bestimmte Änderungen die Möglichkeit vor, dass diese Zustimmung mittels sogenannter Zustimmungsfiktion eingeholt werden kann. Das bedeutet, dass die jeweiligen Miteigentümer:innen nicht mehr aktiv zustimmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn diese über die geplante Änderung durch Übersendung verständigt werden und diese nicht innerhalb von zwei Monaten widersprechen. Schweigen gilt folglich als Zustimmung. Die Verständigung muss klar und verständlich sein und die Rechtsfolgen des „Schweigens“ explizit angeführt werden.

Gilt „Schweigen als Zustimmung“ in jedem Fall?

Nein, dieses „Schweigen als Zustimmung“ gilt für ganz bestimmte Änderungen. Sie ist damit eine Ausnahme von der Regel und soll keineswegs für andere, nicht aufgezählte Maßnahmen gelten.

Für folgende Maßnahmen kommt die Zustimmungsfiktion zur Anwendung:

  • Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs,
  • die Errichtung von Einzel-Photovoltaikanlagen (bei einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt)
  • die Anbringung von – zum Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden – Beschattungsvorrichtungen,
  • für die behindertengerechte Ausgestaltung von Wohnungseigentumsobjekten oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft
  • für den Einbau von einbruchsicheren Türen

Aber eines ist auch sichergestellt: eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines/ihres Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts muss ein:e Wohnungseigentümer:in aber auch dann nicht dulden, wenn sie/er einen Widerspruch unterlassen hat. Hier stellt aber der Gesetzgeber klar, dass diese Auffangregelung nur Abhilfe gegen wirklich ernsthaft und nicht bloß vorübergehende Beeinträchtigungen sein soll. Was das in der Praxis bedeutet, werden im Streitfall die Gerichte entscheiden müssen.

Zusätzliche Möglichkeit der Beschlussfassung beim gemeinschaftlichen Eigentum

Bisher war für einen Beschluss der WE-Gemeinschaft eine (einfache) Mehrheit von mehr als 50% aller Miteigentumsanteile erforderlich.

Um zu ermöglichen, dass auch mit einer niedrigen Beteiligung der Wohnungseigentümer:innen an der Abstimmung ein wirksamer Beschluss erzielt werden kann, tritt neben der bisherigen Möglichkeit der Beschlussfassung durch die (Anteils-)Mehrheit nun zusätzlich (!) eine zweite Variante hinzu:

Bei dieser kommt es für die Mehrheitsbildung nicht auf die Mehrheit aller Miteigentumsanteile, sondern auf eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen an. Allerdings muss dabei ein zweifaches Zustimmungserfordernis erfüllt sein:

  • Zum einen müssen sich zumindest zwei Drittel jener Wohnungseigentümer:innen, die ihre Stimme abgegeben haben, dafür aussprechen, dass der Beschluss auf diese Weise gefasst wird. Die zwei Drittel werden nicht nach Köpfen, sondern nach Miteigentumsanteilen berechnent.
  • Zum anderen müssen die Stimmen, die sich dann für den Beschluss aussprechen, mindestens ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen.

Neue Auskunftspflicht des/der Verwalter:in

Wohnungseigentümer:innen, die eine Änderung vornehmen oder eine Beschlussfassung initiieren möchten, sind die Zustelladressen der anderen Wohnungseigentümer:innen oft nicht bekannt. Künftig soll die Hausverwaltung verpflichtet sein, die Kontaktadressen der anderen Wohnungseigentümer:innen  bekanntzugeben, damit diese leichter kontaktiert werden können. Die E-Mail-Adressen dürfen nur mit Zustimmung des/der Wohnungseigentümer:in mitgeteilt werden.

Gesetzlicher Mindestbeitrag für die Rücklage

Um Eigentümergemeinschaften zu motivieren, in Sanierungsarbeiten und energietechnische Verbesserungen zu investieren, ist mit dem WEG 2022 eine ausreichende Rücklagenbildung gesetzlich geregelt. Mit Inkrafttreten sind Wohnungseigentümer:innen verpflichtet, einen bestimmten Betrag (derzeit monatlich 0,90€ pro Quadratmeter der Nutzfläche; Indexierung nach dem VPI; jedes zweite Jahr erfolgt eine Anpassung) als Rücklage aufzuwenden. Nur ausnahmsweise darf der Betrag unterschritten werden, beispielsweise, wenn erst kürzlich eine durchgreifende Sanierung vorgenommen wurde oder eine besonders hohe Rücklage vorhanden ist.

Die neuen Regelungen treten zum Großteil am 1.1.2022 in Kraft. Die Bestimmung über die Mindestrücklage und die Neuerungen bei der Beschlussfassung gelten erst ab 1. Juli 2022.

 

 

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