OGH verpflichtet Lufthansa zur Unterlassung zahlreicher Beförderungsbedingungen

veröffentlicht am 05.07.2021

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Deutsche Lufthansa AG wegen Klauseln aus deren Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB Flugpassage). Das Verfahren ging bis zum Obersten Gerichtshof.

Der VKI hatte insgesamt 48 Klauseln eingeklagt. Über einige Klauseln hatten bereits die Unterinstanzen rechtskräftig entschieden. Über den restlichen Teil der Klauseln erging nun ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Airbus von Lufthansa, © Bild von Pit Karges auf Pixabay

Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Klauseln, bei denen der OGH der Rechtsansicht des VKI gefolgt ist:

Nachkalkulieren des Flugpreises

Eine Klausel sah vor, dass Lufthansa den Flugpreis nachberechnen kann, wenn die Passagierin bzw. der Passagier von der festen Flugscheinreihenfolge abweicht und die Flüge nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge antritt. Zwar stellt Lufthansa klar, dass das nicht gelte, wenn Fluggäste aufgrund höherer Gewalt, Krankheit oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden Grund daran gehindert waren, den Flug in der gebuchten Form anzutreten, fordert aber eine sofortige Mitteilung an Lufthansa bei Vorliegen einer dieser Gründe.

Der OGH stufte die Klausel für gröblich benachteiligend ein: es könnten auch Gründe vorliegen, die keine bewusste Umgehung des Tarifsystems der Beklagten bedeuten, aber Verbraucher/innen erst nach der Buchung treffen und sie daher nachträglich veranlassen, die Flugreihenfolge zu ändern, wie z.B. Flugänderungen wegen der Versäumung oder Verspätung eines Zubringerflugs oder wegen einer schlichten Änderung des Reiseplans. Dass die Fluggäste die Hinderungsgründe sofort nach Kenntniserlangung mitteilen und nachzuweisen haben, umfasst unter Umständen auch Situationen, in denen Verbraucherinnen und Verbraucher gar keine Möglichkeit zur sofortigen Kontaktaufnahme mit der Luftlinie haben.

Ablehnung von Erstattungen

Lufthansa behält sich das Recht vor, Erstattungen abzulehnen, wenn der entsprechende Antrag später als sechs Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gestellt wird. Aus der Klausel geht weder hervor, was unter der Gültigkeitsdauer zu verstehen ist noch auf welche Ansprüche sich die Befristung des Erstattungsbegehrens konkret bezieht. Bei kundenfeindlichster Auslegung wird Verbraucher/innen der Eindruck vermittelt, dass diese Ausschlussfrist von sechs Monaten für alle Ansprüche gilt, die sie gegenüber der Lufthansa geltend machen wollen, weshalb ihnen ein unklares Bild von ihrer Rechtsposition verschafft wird und sie unter Umständen abgehalten werden, ihre Ansprüche geltend zu machen.

Keine Beförderung bei beschädigtem Flugschein

Eine weitere Klausel lehnte den Anspruch auf Beförderung ab, wenn der vorgelegte Flugschein erheblich beschädigt ist. Die gröbliche Benachteiligung sah der OGH darin, dass die Klausel nicht darauf abstellt, ob die für die Beförderung relevanten Informationen lesbar sind. Außerdem wird nach Ansicht des OGH Passagieren die Möglichkeit genommen, ihre Berechtigung zum Flug auf eine andere Weise, etwa durch Vorlage einer Bestätigung des den Flugschein ausstellenden Reisebüros, nachzuweisen.

Unzulässige Weitergabe von Daten

Eine weitere Klausel betraf Datenschutz und die Weitergabe personenbezogenen Daten an Dritte. Lufthansa verwendete die Formulierung „Sie erkennen an, uns Ihre persönlichen Daten zu folgenden Zwecken Verfügung gestellt zu haben: […] Sie ermächtigen uns, diese Daten ausschließlich zu diesen Zwecken an […] andere Fluggesellschaften oder sonstige Erbringer vorgenannter Dienstleistungen weiterzugeben“.

Der OGH folgte nicht der Ansicht von Lufthansa, die argumentierte, es handle sich lediglich um eine Information über gesetzlich ohnehin zulässige Datenverarbeitungen. Nach Ansicht des OGH hole Lufthansa die Zustimmung zur Datenweitergabe über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ein, erfülle damit aber nicht die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) an eine wirksame Einwilligung. Auch ein von Lufthansa vorgebrachtes „berechtigtes Interesse“ (ebenso eine Verarbeitungsrechtsgrundlage der DSGVO, die aber keine Einwilligung der Betroffenen erfordert) sah der OGH als nicht gegeben an. Die für die Wahrung der berechtigten Interessen erforderliche Interessensabwägung fehle in der Klausel. Außerdem könne die Verbraucherin bzw. der Verbraucher mit der allgemeinen Umschreibung der Empfänger („andere Fluggesellschaften, andere Erbringer“) nicht erkennen, an wen und zu welchen Zwecken, die Daten weitergegeben werden und befand die Klausel zusätzlich als intransparent.

Das Urteil wie eine Auflistung aller Klauseln samt kurzer Zusammenfassung finden Sie hier.

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