OGH erklärt AGB-Klauseln einer Kinderbetreuungseinrichtung für unzulässig
veröffentlicht am 10.01.2025
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des Sozialministeriums erfolgreich gegen unzulässige Klauseln im Betreuungsvertrag der Kindervilla, einer Kinderbetreuungseinrichtung in Innsbruck, geklagt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte die Unzulässigkeit von fünf weiteren Vertragsklauseln.
Folgende Klauseln befand der OGH als unzulässig.
- Einschreibungsbetrag
"Der Einschreibungsbetrag beläuft sich auf 300,--. Damit ist das Informationsgespräch, die Einschreibungsadministration und der Kennenlernprozess zwischen Erziehungsberechtigten, Kind und Pädagog*in abgegolten und daher jedenfalls von einer Refundierung ausgenommen.“
In seinem Urteil setzt der OGH seine Rechtsprechung zu Servicepauschalen fort und hält im Zusammenhang mit dieser Klausel fest, dass die Verrechnung zusätzlicher Entgelte in AGB ohne konkrete Zusatzleistungen oder Kosten Verbraucher:innen grob benachteiligt. Die mit dem Einschreibungsbetrag abgegoltenen Leistungen sind übliche Vertragsgespräche, die im Rahmen der Vertragsanbahnung anfallen. Die festgestellten Leistungen gehen nicht über die üblichen Aufwendungen oder Tätigkeiten hinaus, die im Zusammenhang mit der Begründung eines Vertrags anfallen. Dass der Einschreibungsbetrag „jedenfalls“ von einer Refundierung ausgenommen sei, dafür fehle die sachliche Rechtfertigung, so der OGH in seiner Entscheidung.
- Kaution bei Nichtinanspruchnahme
„Falls Sie den Kinderkrippenplatz bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Anspruch nehmen sollten, gehen der Betreuungsplatz sowie die Kaution verlustig.“
Der OGH erklärte die Klausel für gröblich benachteiligend. Es gäbe keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass die „Kaution“ auch dann zu zahlen ist, wenn die Eltern kein Verschulden an der Nichtinanspruchnahme des Betreuungsplatzes trifft.
- Zahlung trotz Nichtnutzung
„Auch wenn die Betreuung über mehrere Wochen nicht in Anspruch genommen wird, ist der Betrag für den betreffenden Monat ohne Abzug durchgehend zu entrichten.“
Nach Ansicht des OGH ist die Klausel intransparent und widerspricht den rechtlichen Anforderungen an klare Vertragsbedingungen.
- Langfristige Kündigungsfrist
"Eine Kündigung ist nur zum Ende des Bildungsjahres möglich, mit einer Kündigungsfrist von bis zu 1,5 Jahren."
Der OGH erklärte eine Bindung über einen derart langen Zeitraum für unverhältnismäßig und gröblich benachteiligend.
- Einseitige Auflösungsrechte
"Bei Vorliegen schwerwiegender Gründe ist es der Kinderbildungseinrichtung Kindervilla jederzeit möglich, das Betreuungsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufzulösen."
In der Klausel werden die schwerwiegenden Gründe beispielhaft genannt. So kann die Kindervilla z. B. bei „mangelnder Identifikation mit der Philosophie“ jederzeit kündigen. Der OGH beurteilte die Klausel als intransparent und gröblich benachteiligend. Die wechselseitigen Rechte seien unausgewogen, da den Eltern keine vergleichbaren Rechte eingeräumt werden.
Entscheidung im Volltext: RIS - 9Ob68/24a - Entscheidungstext - Justiz