Braucht Facebook für die Bereitstellung personalisierter Werbung eine gesonderte Einwilligung der Nutzer/innen?

veröffentlicht am 17.04.2021

Der Rechts­streit des Da­ten­schutz­ak­ti­vis­ten Max Schrems mit Face­book lan­det vor dem Obers­ten Ge­richts­hof. Facebook und Max Schrems haben beide Rechtsmittel gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien eingelegt. Neben vielen anderen Fragen ist die zentrale Frage des Falls, ob Facebook für die Bereitstellung personalisierter Werbung eine explizite Einwilligung der Nutzer/innen einholen muss. Max Schrems sagt ja, Facebook nein.

Jede Datenverarbeitung braucht nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eine Rechtsgrundlage. Die DSGVO sieht sechs Rechtsgrundlagen vor, unter anderem die Einwilligung und die Verarbeitung, die für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist. Am 25. Mai 2018, als die DSGVO in Kraft trat, hatte Facebook seine AGB geändert und in diese unter anderem die Bereitstellung personalisierter Werbung aufgenommen. Das bedeutet, dass Nutzer/innen, die Facebook nutzen wollen und den Nutzungsvertrag unterschreiben, „automatisch“ zustimmen, dass ihre Daten zu Werbezwecken verwendet werden.

Schrems vs. Facebook

Für Facebook ist die Bereitstellung personalisierter Werbung ein Teil des gegenüber den Nutzer/innen zu erfüllenden Vertrags, eine gesonderte Einwilligung zur Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten sei daher nicht mehr nötig.

Nach Ansicht von Max Schrems habe Facebook unter anderem Werbung und Tracking als „Leistung an den Kunden“ in die AGB des Nutzungsvertrags gepackt, um eine explizite Einwilligung zu vermeiden. Facebook versuche dadurch die strengen Vorgaben der DSGVO an die Einwilligung zu umgehen. Gemäß der DSGVO müssen Nutzer/innen vollständig Umfang und Zweck der Datenverarbeitung informiert werden, und mit der Einwilligung die Möglichkeit erhalten, der Verarbeitung ausdrücklich zuzustimmen oder sie abzulehnen, ohne dass ihnen daraus Nachteile erwachsen.

Argumentative Unterstützung erhält Max Schrems von der liberalen EU-Parlamentarierin Sofie in 't Veld: "Die Bedingung, die Einwilligung der User einzuholen, muss bestehen bleiben. Vertragsklauseln können nicht als Ausweichklausel für diese Anforderung verwendet werden, genauso wenig wie jede andere Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Daten. Die DSGVO ist eindeutig darauf ausgelegt, den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zu geben. Nicht, um Facebook zu erlauben, die Nutzer um ihre persönlichen Daten zu betrügen." (Quelle: DerStandard Artikel vom 5.3.2021 Schrems vs. Facebook: Streit um Werbe-Einwilligung könnte bald vor EuGH landen - Netzpolitik - derStandard.at › Web)

Was sagen Verbraucher/innen dazu?

Die von Max Schrems gegründete Datenschutzorganisation noyb hat eine Studie des Gallup-Instituts in Auftrag gegeben, in der 1.000 österreichische Facebook-Nutzer/innen nach ihrem Verständnis befragt wurden, wenn facebook nach Zustimmung zu seinen Nutzungsbedingungen fragte. . Etwa zwei Drittel interpretierten ihre Zustimmung als datenschutzrechtliche Einverständniserklärung, nur etwa 10% sahen darin eine Vertragserklärung.  Nur 16 Nutzer/innen (1,6%) meinten, dass damit eine Verpflichtung von facebook zur Bereitstellung personalisierter Werbung einherging, so wie von Facebook behauptet.  

Durch die Instanzen

Max Schrems klagte Facebook 2018 wegen dieser Geschäftspraktik. Die beiden Vorinstanzen gaben allerdings Facebook Recht und urteilten, dass die Datenverarbeitung vertrags- und rechtskonform sei. Es liege allein im Ermessen von Facebook, eine Klausel als "Vertrag" oder "Einwilligung" zu bezeichnen. Beide Gerichte hielten jedoch fest, dass die Angelegenheit einer Klärung durch die Höchstgerichte bedarf. Max Schrems hat nun den Obersten Gerichtshof (OGH) ersucht, den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorzulegen. Ob der OGH diesem Ersuchen nachkommen wird, bleibt abzuwarten. Wir werden berichten.

 

 

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