Arbeiterkammer Oberösterreich entlarvt Umweltversprechen der Modeindustrie
veröffentlicht am 05.05.2025
Recyceltes Polyester ist keine grüne Lösung

Große Modekonzerne werben mit recyceltem Polyester als Beitrag zum Umweltschutz. Doch aktuelle Tests zeigen: Der Einsatz alter PET-Flaschen in Kleidung schützt weder Gewässer noch schließt er den Recyclingkreislauf.
Kunststoff bleibt Kunststoff – auch in der grünen Variante
Was nach umweltfreundlicher Innovation klingt, ist in Wahrheit kaum ein Fortschritt: Recycelter Polyester wird von Modekonzernen als nachhaltige Alternative zu neuem Kunststoff verkauft. Die Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich hat gemeinsam mit dem Umweltbundesamt untersucht, wie sich diese Materialien beim Waschen verhalten – mit ernüchterndem Ergebnis. Ein Produkt aus 100 Prozent recyceltem Polyester setzte 9.500 Mikrofasern pro Kilogramm Wäsche frei. Auch Textilien mit nur anteilig recyceltem Material verursachten zwischen 2.400 und 4.100 Mikrofasern. Diese Werte bewegen sich auf dem gleichen Niveau wie konventionelle Polyesterkleidung und zeigen: Die Mikroplastikbelastung wird durch Recycling nicht reduziert.
Unsichtbare Fasern – sichtbare Folgen
Die winzigen Partikel, die sich beim Waschen aus synthetischer Kleidung lösen, gelangen über das Abwasser in Flüsse und Meere. Einmal in der Umwelt, sind sie kaum wieder einzufangen. Kläranlagen sind nur bedingt in der Lage, die Mikropartikel zu filtern. In der Folge werden sie von kleinen Lebewesen aufgenommen, landen über die Nahrungskette in größeren Tieren – und letztlich beim Menschen. Studien belegen, dass sich Mikroplastik bereits im menschlichen Körper nachweisen lässt. Pro Woche nehmen wir laut Schätzungen die Menge einer Kreditkarte an Plastik auf. Die gesundheitlichen Langzeitfolgen sind bislang kaum abschätzbar, die Auswirkungen auf Natur und Artenvielfalt jedoch schon jetzt besorgniserregend.
PET-Flaschen als Zwischenstation – nicht als Kreislauf
Die Idee, alte Plastikflaschen zu Textilien zu verarbeiten, klingt zunächst sinnvoll. Doch dabei handelt es sich meist nicht um echtes Recycling im Sinne eines geschlossenen Kreislaufs, sondern eher um sogenanntes Downcycling: Aus einem wiederverwertbaren Produkt wie einer PET-Flasche wird ein Produkt mit kürzerer Lebensdauer und schlechterer Wiederverwertbarkeit. Denn getragenes Polyester lässt sich bislang kaum erneut zu Fasern verarbeiten. Der Stoffkreislauf endet also häufig bei der Kleidung – und mit ihm die Möglichkeit, Plastikabfall wirklich zu reduzieren.
Schönfärberei statt Transparenz: Konzerne verschweigen Mikroplastik-Risiken
Neben der Laboranalyse untersuchte die AK auch, wie Modeunternehmen über ihre Produkte kommunizieren. In Zusammenarbeit mit Nachhaltigkeitsexpertin Nunu Kaller wurden Websites und Nachhaltigkeitsberichte analysiert. Das Ergebnis: Alle Unternehmen loben die ökologischen Vorteile von recyceltem Polyester – von geringerer CO₂-Belastung bis zu reduziertem Energieeinsatz. Die negativen Begleiterscheinungen, vor allem die Freisetzung von Mikroplastik beim Waschen, bleiben hingegen unerwähnt. Die Kundschaft wird somit nur unvollständig informiert und kann keine fundierten Kaufentscheidungen treffen.
Nachhaltigkeit braucht mehr als Symbolik
Die Untersuchung macht deutlich: Recyceltes Polyester löst keines der zentralen Umweltprobleme der Modebranche. Es verschiebt sie lediglich. Wirklich nachhaltige Alternativen liegen derzeit vor allem in der Verwendung von Naturfasern und einem bewussteren Konsumverhalten. Langlebige Kleidung, Second-Hand-Optionen oder innovative, biologisch abbaubare Materialien bieten wesentlich mehr Potenzial für eine umweltfreundliche Textilzukunft als vermeintlich grüne Kunststofffasern.
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