Eine der wichtigsten Institutionen der EU - der Europäische Gerichtshof

veröffentlicht am 14.05.2019

Teil 3 der Europa-Serie auf Konsumentenfragen

Die meisten rechtlichen Vorschriften im Bereich des Konsumentenschutzes gehen auf EU-Richtlinien oder Verordnungen zurück. Die EU-Rechtsakte sorgen dafür, dass innerhalb Europas nahezu gleiche Standards für Konsumentinnen und Konsumenten bestehen. Bei 28 Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Rechtstraditionen und -systemen kann es aber dennoch Auffassungsunterschiede geben, wie diese Rechtsakte auszulegen sind.

Stellen sich diese Fragen im Zuge von Gerichtsverfahren, dann hat das nationale Gericht die Möglichkeit, diese dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen.

Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH

Die Aufgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union besteht seit seiner Errichtung im Jahr 1952 nämlich darin, „die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung" der Verträge zu sichern. Das bedeutet auch, dass es auf Ersuchen nationaler Gerichte das Unionsrecht - also Richtlinien und Verordnungen - auszulegen hat.

Das nationale Verfahren wird solange unterbrochen bis eine Entscheidung des EuGHs vorliegt. In dieser Zeit prüft der EuGH den Sachverhalt und entscheidet z.B., wie Begriffe aus einer Richtlinie zu verstehen sind oder welchen Zweck eine Richtlinie oder eine Verordnung verfolgt.

Aktuelles Verfahren des VKI vor dem EuGH

Derzeit befindet sich wieder ein aktuelles Verfahren des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), das er im Auftrag des Sozialministeriums führt, beim EuGH.

Ausgangspunkt des Verfahrens auf nationaler Ebene war eine aus der Sicht der Konsumentenschützer unzulässige Klausel in den AGB der Deutschen Bahn AG. Diese Klausel besagt, dass die Bezahlung einer online gebuchten Fahrkarte mit dem SEPA-Lastschriftverfahren (Einzugsermächtigung) nur dann möglich ist, wenn der Kunde seinen Wohnsitz in Deutschland hat.

Die wesentliche Frage in diesem Zusammenhang ist, ob eine derartige Einschränkung zulässig ist: ob also eine Zahlung im SEPA-Raum verweigert werden kann, weil der Zahler und der Zahlungsempfänger nicht im gleichen Mitgliedstaat ihren Wohnsitz bzw. Sitz haben.

Die Vorlage des Obersten Gerichtshofs (OGH) an den EuGH dient also der Auslegung der SEPA-Verordnung, die die Grundlage für die Errichtung eines einheitlichen Zahlungsraums innerhalb Europas ist.

Rolle des Generalanwalts

Es liegt nun der Schlussantrag des Generalanwalts vor: Nach dessen Ansicht darf ein Zahlungsempfänger - in diesem Fall also die Deutsche Bahn AG - nicht vorschreiben, dass Kundinnen und Kunden, die Fahrkarten online per Lastschriftverfahren kaufen möchten, ihren Wohnsitz im gleichen Mitgliedstaat wie der Zahlungsempfänger haben müssen.

Achtung: Damit liegt noch keine endgültige Entscheidung des EuGHs vor. Die rechtliche Einschätzung durch einen der elf Generalanwälte, die die Richter/innen des Europäischen Gerichtshofs in ihrer Entscheidungsfindung unterstützen, ist der eigentlichen Entscheidung nur vorgelagert. Der Generalanwalt hat die Aufgabe in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einen Vorschlag für ein Urteil in der Form von begründeten Schlussanträgen zu stellen.

Die Erfahrung zeigt, dass diese Schlussanträge durchaus entscheidend sein können. Dennoch bleibt es abzuwarten, wie  der EuGH letztlich entscheiden wird. Er kann, muss aber nicht, der Rechtsansicht des Generalanwalts folgen.

Link zum Schlussantrag des Generalanwalts

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