OLG Wien: Rechtsschutzversicherung greift bei Anlagefehlberatung

veröffentlicht am 19.06.2015

Kläger begehrte Deckungsschutz für Schadensfall

Herr K. ist bei der beklagten Versicherung rechtsschutzversichert. 

Auf Empfehlung seines Anlageberaters schichtete er Darlehensverpflichtungen in einen endfälligen Fremdwährungskredit um und und investierte zusätzliche € 19.000,- in einen geschlossenen Immobilienfonds. Obwohl ihm sein Anlageberater erklärte, dass es sich um eine sichere Veranlagungsform handle, reduzierten sich zunächst die Ausschüttungen und wurden schließlich ganz eingestellt. Der Fonds ist nunmehr stark insolvenzgefährdet.

Durch diese Fehlberatung entstand Herrn K. ein Schaden, den er mit seiner Rechtsschutzversicherung wegen Verletzung von Aufklärungs-, Informations-, Nachforschungs- und Wohlverhaltenspflichten einklagen wollte.

Ablehnung durch den Rechtsschutzversicherer

Die Versicherung lehnte das Vorhaben jedoch ab und wurde von Herrn K. deswegen geklagt. Das Unternehmen wandte Folgendes ein: Es liege

  • ein Ausschlussgrund für ein Spekulationsgeschäft,
  • ein von der Leistungsbeschreibung nicht umfasste sonstige Erwerbstätigkeit,
  • eine Risikoerhöhung und Verletzung der Meldepflicht,
  • eine Leistungsfreiheit infolge Verletzung der Auskunftsobliegenheit und
  • Verjährung, die die Rechtsverfolgung aussichtslos mache, vor.

Gerichte gaben dem Kläger Recht

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und das OLG Wien wies die Berufung der beklagten Partei ab. Verwiesen wird dabei insbesondere auch auf die jüngste Rechtsprechung des OGH (7 Ob 210/14d vom 12.03.2015) zu einem ähnlichen Fall. Demnach kommen weder die Risikoausschlüsse eines Spekulationsgeschäftes oder einer „sonstigen Erwerbstätigkeit" noch eine Leistungsfreiheit wegen Gefahrenerhöhung zum Tragen.

Die Verletzung der Auskunftsobliegenheit wurde neben dem Verweis auf die zitierte Entscheidung des OGH damit verneint, dass die Obliegenheit zur Auskunft durch den Versicherungsnehmer den Zweck habe, den Versicherer vor einem Informationsdefizit zu bewahren. Dieses gab es aber nicht, da die Sachbearbeiterin der Versicherung über selbst recherchierte Informationen verfügte und ihre Anfragen vom Anwalt des Klägers auch - soweit wie möglich - unverzüglich beantwortet wurden. Weitere Fragen wurden nicht mehr gestellt und es erfolgte bald danach eine Ablehnung des Deckungsschutzes.

Auch der Verjährungseinwand sowie die Aussichtslosigkeit wurden verneint. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne nicht ab Kenntnis über die Ausschüttungsreduzierungen zu laufen. Die Argumentation des Klägers, dass damit noch kein Kapitalverlustrisiko angenommen werden könne, sei jedenfalls nicht aussichtslos.

Das Argument der Beklagten, dass Herr K. wirtschaftserfahren und ihm das Totalverlustrisiko bewusst gewesen sei, spiele allenfalls bei der Prüfung des Schadenersatzanspruches auf Ebene des Mitverschuldens eine Rolle. Die Aussichtlosigkeit einer Klage wegen Schadenersatzes für die Fehlberatung ist damit insgesamt jedenfalls nicht gegeben.

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