KitzVenture: Berechenbare 9,75 Prozent Zinsen?

veröffentlicht am 20.02.2017

Das sollte man sich genauer anschauen!

Kaum jemand konnte in den letzten Wochen eine beeindruckende Werbung zur Vermögensanlage in den Medien ignorieren:

„Neue Geldanlage mit 9,75% Zinsen p.a.: Jetzt Startup-Investor werden!"

Fest vereinbarte Verzinsung, regelmäßige Zinszahlungen und ein ausgewogenes Chancen-Risiko-Verhältnis - so lockt kitzVenture mit dem neuen Finanzinstrument des Venture-Loan-Investments. Private GeldanlegerInnen sollen animiert werden, in junge oder noch in der Gründungsphase befindliche Unternehmen zu investieren, um dann an deren Wachstum und Erfolg teilzuhaben. Das Risiko sei dabei gering, weil es gestreut werde, indem in mehrere Start-ups investiert werde. Ein wahres Schnäppchen in Niedrigzinszeiten? 

Unter Umständen Totalverlust

Liest man das „Kleingedruckte" in Form des über 100 Seiten dicken Kapitalmarktprospekts, so handelt es sich nicht um ein attraktives Anlageprodukt für den Durchschnittsbürger, das in der Werbung als „berechenbar und planbar" angepriesen wird. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass ein hochriskantes Finanzprodukt angeboten wird, bei dem PrivatanlegerInnen unter Umständen ihr gesamtes Geld verlieren.

So stellt man als InvestorIn kitzVenture Geld in Form von „Nachrangdarlehen" zur Verfügung. Das bedeutet, dass das investierte Kapital im Falle einer Insolvenz oder Betriebseinstellung von kitzVenture unwiederbringlich verloren ist, weil zuerst die Forderungen aller vorrangigen GläubigerInnen entsprechend den Quoten befriedigt werden. Dasselbe gilt für Zinsen: InvestorInnen erhalten nur dann Zinsen, wenn es einen Jahresüberschuss gibt und nachdem sämtliche vorrangigen Gläubiger befriedigt wurden. Ist das nicht der Fall ist, dann werden keine Zinsen ausbezahlt.

Blind-Pool-Konzept

Auch im Prospekt zu finden, ist der Hinweis, dass die Emittentin mit dem ihr zur Verfügung gestellten Kapital Beteiligungen an diversen Gesellschaften erwerbe, der wirtschaftliche Verlauf der Beteiligungen jeweils von der Wertentwicklung der jeweiligen Beteiligung und der jeweiligen Gesellschaft abhänge. Es handelt sich um ein Blind Pool-Konzept, was bedeutet, AnlegerInnen investieren „blind", ohne die endgültige Zusammensetzung des Gesamtportfolios und das konkrete Investitionsziel zu kennen. Diese „Ungewissheit" stellt für AnlegerInnen natürlich einen Nachteil und damit verbunden auch ein höheres Anlagerisiko dar. Es lässt sich in keiner Weise beurteilen, ob die geplante Investition „sinnvoll" ist oder die Ertragschancen gut sind.

VKI prüft

Derzeit prüft der Verein für Konsumenteninformation die Geschäftsbedingungen wie auch den Wahrheitsgehalt mancher Aussagen dieses Unternehmens. Darf ein Unternehmen mit Schlagworten wie „berechenbar", „planbar", „überschaubar" den konservativen Kleinstanleger (Investition schon ab 250 € möglich!) anlocken, wenn das Produkt für diese „Zielgruppe" völlig ungeeignet ist? Darf ein Unternehmen Versprechungen machen, so bspw. innerhalb der ersten drei Jahre jährlich 9,75 % Zinsen und das gesamte Kapital zurückzuzahlen, wenn die Start-Up-Unternehmen, in die investiert wird, wohl erst nach anfänglichen Verlusten und erst nach einigen Jahren die erhofften Gewinne realisieren werden können?

Sich in jedem Fall beraten lassen

Privatpersonen, die überlegen, in Start-ups zu investieren, sollten sich angesichts der erwähnten Risiken jedenfalls gut überlegen, ein Investment über kitzVenture zu platzieren. Das ist auch im Sinne der Finanzmarktaufsicht FMA, die eine allgemeine eindringliche Warnung vor hochriskanten Finanzprodukten ausgegeben hat, die teilweise aggressiv beworben werden (wir haben berichtet - siehe Artikel vom 24.10.2016!).
Die FMA rät PrivatanlegerInnen davon ab, ohne angemessene Beratung in derartige für eine nachhaltige Geldanlage ungeeignete Produkte zu investieren.

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