EuGH bejaht Rücktrittsrecht auch bei Matratzenkauf

Entscheidend ist, ob die Ware durch Reinigung wieder verkaufsfähig gemacht werden kann

Der Kauf einer Matratze ist eine schwierige Angelegenheit. Gleichgültig, ob im Handel oder übers Internet erworben, lässt sich nicht mit Gewissheit vorhersagen, ob die gekaufte Matratze tatsächlich längerfristig taugt und für einen erholsamen Schlaf sorgt. Umso verlockender ist das Angebot vieler, vor allem im Versandhandel tätiger Unternehmen, die Matratze beispielsweise nach 100 Tagen wieder zurückzunehmen. So eine Möglichkeit, den Kaufvertrag wieder rückgängig zu machen, kann zwischen Vertragspartnern jederzeit vertraglich vereinbart werden. Aber besteht auch ein gesetzliches Rücktrittsrecht?

Rücktrittsrecht im Fernabsatz

Wird die Ware im Fernabsatz, also z.B. übers Internet, gekauft, besteht grundsätzlich ein gesetzliches Rücktrittsrecht, sofern nicht eine Ausnahme vorliegt, die das Rücktrittsrecht ausschließt. So eine Ausnahme liegt vor z.B. bei „Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde." Kosmetikprodukte fallen beispielsweise in diese Kategorie.

In einem konkreten Fall aus Deutschland wurde einem Konsumenten unter Berufung auf diesen Ausnahmegrund der Rücktritt vom Kauf einer Matratze verwehrt, weil er die Schutzfolie entfernt hatte. Der Konsument klagte den Händler auf Rückerstattung des Kaufpreises. In weiterer Folge legte der deutsche Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob eine Ware wie eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt wurde, unter die in der Richtlinie vorgesehene Ausnahme fällt.

Entscheidung des EuGH

Eine Matratze, deren Schutzfolie der Verbraucher entfernt hat, fällt nach Auffassung des Gerichtshofs nicht unter die fragliche Ausnahme für versiegelte Waren, die aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und bejahte damit das Rücktrittsrecht des Verbrauchers. Entscheidend für den EuGH ist die Möglichkeit, eine Ware trotz Entsiegelung mittels Reinigung oder Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen Dritten wieder verkaufsfähig zu machen. Dass eine solche Matratze, auch wenn sie möglicherweise schon benutzt wurde, allein deshalb endgültig nicht von einem Dritten wiederverwendet oder nicht erneut in den Verkehr gebracht werden kann, erschien dem EuGH nicht nachvollziehbar. Er geht davon aus, dass ähnlich wie bei einem Kleidungsstück gebrauchte Matratzen einer gründlichen Reinigung unterzogen werden können.
Presseaussendung zum EuGH-Urteil Rs C-681/17

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