OGH: Gewährleistung (auch) für Wertverlust beim Gebrauchtwagenkauf

veröffentlicht am 07.01.2021

Trotz erfolgreicher Reparatur kann ein Wertverlust bestehen bleiben, der – je nach Geringfügigkeit des Mangels – nur durch Vertragsauflösung oder Preisminderung ausgeglichen werden kann.

Ein Konsument kaufte bei einem Händler einen Gebrauchtwagen. An einer nicht sichtbaren Stelle an der Windschutzscheibe des Fahrzeugs gelangte über einen längeren Zeitraum Wasser in das Fahrzeug. Durch die Wasseransammlung kam es zu einer erhöhten Feuchtigkeitsbelastung im Bodenbereich des Fahrzeugs, die zu einer Oxidationsschicht im Bereich diverser Elektronikbauteile führte.

Reparatur des Fahrzeugs führt zur Gebrauchstauglichkeit…

Im Rahmen der Gewährleistung behob die Fachwerkstatt durch gezielte Trockenlegung den Mangel, sodass die Gebrauchstauglichkeit wiederhergestellt wurde.

Aus der Sicht des Konsumenten war der Verbesserungsversuch nicht erfolgreich. Die durchnässten Kabelstränge, Stecker und Steuergeräte seien nur getrocknet und nicht ausgetauscht worden. Außerdem könne die durch den Wassereintritt ausgelöste Oxidation in der Zukunft zu fortlaufenden Störungen führen. Die Mängel an den Elektronikbauteilen seien wirtschaftlich kaum behebbar. Weitere Verbesserungsversuche seien ihm nicht zumutbar. Er klagte den Händler und begehrte die Rückabwicklung des Vertrags.

…aber nicht zur vollständigen Behebung des Mangels

Die erste Instanz befand die vorgenommene Trockenlegung als geeignete Maßnahme um den Mangel zu beheben. Die zweite Instanz hingegen gab dem Konsumenten Recht. Das Gericht begründete dies damit, dass bei einem derart gravierenden Mangel das Restrisiko, das in der Zukunft aus den Oxidationen Probleme entstehen könnten, dem Konsumenten nicht zumutbar seien.

Der OGH schloss sich dem Erstgericht an, wonach die Reparatur dazu geführt hat, dass die Gebrauchstauglichkeit wieder vollständig gegeben war. Er ging weiters davon aus, dass nach den Feststellungen keine weiteren Oxidationserscheinungen zu erwarten waren. Dennoch blieb – so der OGH - durch die „Reparaturhistorie“ ein Wertverlust bestehen, der nur durch Preisminderung ausgeglichen werden kann. Die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung, auf die sich die Parteien bei Vertragsabschluss geeinigt haben, sei nämlich der zentrale Zweck des Gewährleistungsrechts. Für die Vertragsauflösung („Wandlung“), die der Käufer begehrt hatte, war der Wertverlust hingegen zu gering.

Das Urteil im Volltext finden Sie hier: 6 Ob 240/19s

 

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