Spätrücktritt bei Lebensversicherungen ab 1.1.2019 neu geregelt

veröffentlicht am 15.05.2019

Bei Spätrücktritten ab 1.1.2019 eventuell geringere Auszahlungen

Das Problem, um das es hier geht, reicht bis in den Dezember 2013 zurück. Damals hatte der EuGH bei nicht oder nicht richtig erfolgter Rücktrittsbelehrung beim Abschluss von Lebensversicherungen eine Entscheidung getroffen, die im Ergebnis bedeutete, dass den betroffenen KonsumentInnen ein zeitlich unbegrenztes Rücktrittsrecht zusteht. Dieses wird Spätrücktritt genannt.

Freude bei den KonsumentInnen, die oftmals schlecht beraten waren, diese Fehlberatung aber nicht beweisen konnten. Gleichzeitig Verunsicherung bei den Versicherungen, weil damit der gesamte Bestand an Lebensversicherungen bedroht war!

Unklarheit über die Rechtsfolgen

In der Folge kam es in Österreich zu einer oberstgerichtlichen Entscheidung bei
einer klassischen Lebensversicherung, die von einer bereicherungsrechtlichen
Rückabwicklung ausging. Was genau das in Bezug auf den auszuzahlenden Betrag
bedeutete, darüber waren sich in der Folge Versicherung und Konsumentenschutzeinrichtungen uneins. Aus Konsumentensicht ist von den Prämien abzüglich dem bis dahin bestehenden Risikoanteil (für den Ablebensschutz) plus einer Verzinsung zwischen 2 und 4 % auszugehen. 

Zu weiteren oberstgerichtlichen Entscheidungen kam es nicht, da die Versicherungen
rechtzeitig Vergleichsangebote machten, weshalb Urteile unterblieben.

Insbesondere die Frage, wer bei fondsgebundenen Versicherungen allfällige Verluste zu tragen hätte, blieb damit offen. In Deutschland judizierte der Bundesgerichtshof, dass
diese von Versicherungsnehmerseite zu tragen wären.

Neue Regelung

Der Gesetzgeber hat nun die bestehenden Unklarheiten bereinigt und eine Kompromisslösung gefunden.

Die alte Rechtslage gilt nach der beschlossenen Neuregelung nur mehr für Rücktritte, die bisher bereits erklärt wurden oder noch bis Ende 2018 erklärt werden.

Bei Spätrücktritten, die ab dem 1.1.2019 erfolgen, werden nunmehr drei Gruppen unterschieden:

  1. Erfolgt der Rücktritt innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss, erhalten VersicherungsnehmerInnen die einbezahlten Prämien ohne irgendwelche Abzüge zurück.
  2. Erfolgt der Rücktritt ab dem zweiten bis zum Ablauf des fünften Jahres erhalten VersicherungsnehmerInnen den Rückkaufswert, allerdings ohne Abzug von Abschlusskosten und und ohne einen Stornoabzug zurück. Veranlagungsverluste bei der fondsgebundenen Versicherung und die Versicherungssteuer müssen sich Verbraucherinnen aber anrechnen lassen.
  3. Erfolgt der Rücktritt nach Ablauf des fünften Jahres bekommen VersicherungsnehmerInnen nur mehr den Rückkaufswert und sind damit nicht anders gestellt als wenn sie ganz normal kündigen würden. Der Rückkaufswert besteht aus den einbezahlten Prämien abzüglich Risikoanteil abzüglich aller angefallenen Kosten abzüglich allfälligem Stornoabschlag zuzüglich allfälligen Garantiezinsen und Gewinnanteilen. Damit ist der tatsächliche Zeitwert der Versicherung definiert. 

Gleichzeitig wurde mit der Gesetzesänderung eine Musterbelehrung beschlossen, so dass es in Zukunft wohl kaum mehr zu Falschbelehrungen über das Rücktrittsrecht kommen wird. Rücktritte ab 2019, die auf einer Falschbelehrung bei einem Vertragsabschluss vor 2019 beruhen, werden aber in der Regel nur mehr den 3. Fall der Neuregelung betreffen, da den Versicherungen das Problem ja bereits seit 2013 bekannt ist und ab dann wohl größere Sorgfalt auf die Richtigkeit der Rücktrittsbelehrung gelegt wurde.

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